So, weiter geht's!
1.2
Weniger angetan ist der
nunmehr aus meinem Iche sprechende Zuschauer hingegen von den recht
wilden Zähnen des Mannes namens „Beißer“, seine bissfreudigen
Auftritte veralbern das Geschehen gar zu sehr, zwar genoss er mehr
als 2,5 Jahrzehnte darauf in „everything or nothing“ auch in der
Brosnan-Ära einen recht kultigen Auftritt als belustigender –
ungebetener, „aber“ nicht freiwillig fortgehender – Gast und
zumindest unvergesslich dürfte er allemal erscheinen, doch inwieweit
es der Dramaturgie eines Films zu- (oder zumindest nicht ab-)träglich
ist, die gegnerischen Geschöpfe derart unglaubwürdig-übermenschlich
zu gestalten, nun..., diese Frage gelobe ich bedauerlicherweise nicht
mit der erfreulichsten Antwort zu „repliken“, zumal: Sie, werte
Person des Zuschauens, erleben eine atemberaubende Atmosphäre
altbetagter Gräber, touristischer Attraktionen und ägyptischer
Todespoesie, durchkreuzt wird all diese – für Spannung eigentlich
prädestinierte – Kunst jedoch von der unbeschreiblich enternsteten
Übertreibungssucht Gilberts, sodass besonders faszinierendere Szenen
(siehe etwa Barbaras anfänglich' Hartseinsgelüste, unbedingt die
von uns gegangene Tracy in die Unterhaltung einzuflechten, woraufhin
Bond auf durchaus menschlich-sympathisch-sensible Weise reagiert)
kaum im Vordergrunde zu stehen vermögen, da der nächste Biss mal
wieder nicht in weiter Ferne läge und er den visuell und inhaltlich
eigentlich zweifelsohne nicht uninteressanten Film zunehmend zur
Agentenkomödie „verkommen“ lässt, gefühlt deutlich weiter von
Fleming entfernt auch, als es bei den vorherigen Filmen, Ausnahmen
mag es je nach Szene auch dort geben, der Fall gewesen ist.
Meine Rezension stellt ein
Auf und Ab dar (wie im wahrsten Sinne des Wortes auch Moonraker es
alsbald darstellen wird), sie GElobt zu loben, kritisiert aber auch
gern, drum nach den „bissigen“ Kommentaren dem lieben werten
Beißer gegenüber also (welcher übrigens, dem Himmel sei Dank dass
anders es geschah, ursprünglich auch 1981 in for your eyes only
eventuell erneut hätte zulangen dürfen, in Wahrheit aber wie gesagt
erst 2003 bzw. 2004 zurückkehrte), stünde sodann wieder ein Lob auf
dem Programme, dieses lasse ich, wie in der Vergangenheit schon
mehrfach geschehen, Dagmar Heller angedeihen, sie passt PERFEKT zu
Barbara Bachs Protagonistin, ist dem Stimmoriginale zwar unähnlich
im Klange, doch ihr Werk reüssiert gewaltig und bildet eine durchaus
erotisierende Synchronkunst, zwischen Pyramiden wandelt sie „zankend“
mit dem Bonde umher, die Figuren kommen sich gedanklich näher und
tun gleichwohl stets so, als seien sie sich fast etwas abgeneigt, das
„Kampfspiel“ zwischen den Geschlechtern findet auf verbaler Ebene
statt und trüge Sorge für den einen oder anderen geschliffenen
Dialog (ohne dass es aber aufgesetzt wirkte wie beispielsweise
heutzutage: insbesondere in Casino Royale '06), Barbaras
„Trickvermögen“ tanzt Bond gar auf der Nase herum, eine
„Beruhigungszigarette“ setzt ihn vorübergehend außer Gefecht
und geleitet ihn ins Reich der Träume, Dagmar bleibet übrigens
nicht die einzige glücklich auserwählte und positiv hervorzuhebende
Synchronstimme, auch Herbert 'Fantomas' Weicker ist beispielsweise
recht ungewöhnlich besetzt worden, denn nachdem sein Organ im selben
Jahrzehnte zweimal den 'tatsächlichen' Bösewicht hat vertonen
dürfen, erleben wir ihn nunmehr als General Gogol „gefühlt“
fast auf unserer Seite bzw. mit uns zusammenarbeitend, hier spreche
ich jetzt aber nicht direkt von den politischen Ebenen und
Dimensionen (die sie beidseitig nicht unkompliziert ausfielen),
sondern lediglich davon, dass Gogol in seiner „kumpelhaften“
Ausstrahlung den Szenen einen relativ lockeren Charakter verleiht,
sein Telefonat während des „Flirts“ ist beispielsweise recht
amüsant, sehr sogar. Und überhaupt sind es viele kleine Details,
durchdacht und nett erscheinen sie, welche verdeutlichen, dass es zum
ersten Male drei Jahre dauerte (1974-77), bis ein Folgewerk entstehen
bzw. herbeikommen sollte (was aber nicht hieße, in den 60er Jahren
sei ob der kürzeren Abstände etwas Halbgares entstanden, ganz im
Gegenteil, gelang schließlich dennoch etwas qualitativ Großes).
In der (ihrigen) „Kälte“
ist Barbara, welch Fee des Dunklen, Bond teils mehr oder weniger
überlegen, sie handelt mit Bedacht, weiß misstrauisch zu sein,
lässt sich nur schwerlich um den Finger wickeln und lebt in Aura und
Anmut von vergifteter Schönheit, ähnlich wie z.B. in „Raising
Cain“ (Brian de Palma, 1992) werden zwischenmenschliche Ansätze
und Augenblicke gern Saxophon-artig im Sounde verstärkt, doch
gewisse Unruhen lassen sich mitnichten leugnen, so tragen sich (wie
auch 1963 und 1973 selben Ortes stattfindend) teils unangenehm
hektische und nur bedingt entspannende Kämpfe im Zug zu (dem
vielleicht romantischsten, hier nun aber leider gewalttätigsten
aller Verkehrsmittel), auch andere Fortbewegungsmittel werden
strapaziös gefordert und unsanft auf die Probe gestellt, mir ist
aber als führe Bond keinen Aston Martin mehr (das tat Rogers Bond
ohnehin kein einziges Mal), sondern inzwischen (womit sich weitere
For-your-eyes-only-Parallelen entfalten) einen Lotus (leider Gottes
keinen 'Opel' Lotus Omega, der aber auch erst Ende der 80er Jahre
entwickelt wurde, sondern langweiligerweise einen Zweitürer, viel zu
flach und deutlich zu wenig Platz, ...ein Lotus Omega hätte
namentlich betrachtet auch zu OHMSS '69 gepasst, zum „-V-irus
Omega“ – auch wenn es sich um keinen V-Motor handelt, das
Aggregat also nicht aus der „Reihe“ tanzt, wie auch immer).
In einer (denn: apropos
merkwürdige Fahrzeuge) provisorischen Residenz Bonds (auch Hotel
genannt), begegnen wir zudem der werten Raketendame „space queen“
aus der Die-2-Episode „Die Jagd nach der Formel“, so nun Sinclair
sprach darauf: „Wenn ich jemanden sehe, halte ich.“
Die tranceartig elegischen
Wunder der Unterwasserresidenz, prachtvoll wie sie sind, erinnern
(wenngleich man es später nicht in derselben visuellen Intensität
umsetzte) an das sogenannte 'stealth boat/ship' in „Der Morgen
stirbt nie“ (umgekehrt, trat TND '97 doch erst 20 Jahre darauf in
Erscheinung), Stromberg ist so frei, sich bei seinen exzentrischen
Unternehmungen „ungeheuer schnittig“ unterstützen und unter die
Arme greifen zu lassen (Naomi!), seine „lines“ sind legendär,
„...kein Traum, Mister Sterling, schon bald Realität!“, sein
fanatischer Blick ließ uns erkennen, dass er viel Herzblut in seine
Arbeit investiert, er WÄRE, wie beispielsweise auch Goldfinger,
mithilfe seines Ideenreichtums ohne jeden Zweifel eine große
Bereicherung für die Gesellschaft, investierte er auch nur ein
Viertel dieser dunklen Energie in einen „anständigeren“ Beruf,
doch er lebt und stürbe mit und für DAS WASSER, das Universum
unterhalb des Unserigen (und damit ÜBERHALB) ist seine Domäne, der
Film lebt in anderen Sphären und fühlt sich dort pudelwohl,
verspielte Details wie etwa der nicht nur schwimmende, sondern auch
TAUCHENDE (!) Wagen fürwahr, lassen uns bereits ansatzweise
vorsichtig erahnen, was im Jahre 2002 unsichtbaren Bildes folgte (der
transparente V12 aus Stirb an einem anderen Tage), TSWLM '77 ist
teils brillant und genial, ein grandioser Film, zuweilen aber auch
das genaue Gegenteil, besagtes Auf und Ab eben ist es, welches im
Folgefilme Moonraker derart auf die Spitze getrieben worden ist, dass
es uns ein weinendes wie ein lachendes Auge beschert, Gefühle in uns
fördert, die uns anderswo nur eingeschränkt beschieden wären, da
nur wenige Werke derart absurd weit gehen, ...die Kontraste auch
zwischen vereinzelt sensiblen Momentaufnahmen und andererseits hier
und da eher taktlosen Augenblicken (Bonds Grinsen Barbara gegenüber,
als sie „gemeinsam hängen“, kurz zuvor erst erfuhr er, dass er
es war, der ihren Angetrauten notschießwütig fortschickte aus
dieser Welt), erscheinen seltsam bis schräg, obzwar:
Zugutezuhalten ist ihm
(Bond) an dieser Stelle immerhin, dass er beinahe Grund hätte, ein
wenig beleidigt zu sein, denn die Tatsache, dass sie (Barbara Bachs
Betörungsprotagonistin) äußert, gewillt zu sein, IHN ebenfalls
umzubringen, ist nicht eben beruhigend für die Doppelnull-Seele, so
selbige die Drohung denn überhaupt ernstnähme.
Wer das Werk genauer zu
„erkunden“ bestrebt ist: Es existiert/e im Netze ein
dreistündiges (!) Making-of, dieses führte ich mir jedoch aus
zeitnervlichen Gründen gar nicht erst zu Gemüte – lieber
beschäftige ich mich just in diesem Momente mal wieder mit den Hin-
und Verweisen auf „Bondwerke außerhalb der Bondreihe“, denn
nachdem es bereits mehrfach Anspielungen und Verweise auf „Die 2“
hat geben dürfen und sollen, möge sich dieser Effekt sogleich einer
Wiederholbarkeit hingeben, zumal mein touristisch telefonierender
Kumpelskamerad Harvey Lomax („Der große Lomax“, Synchronisation
1984, der kindliche Spaßverbrecher Mitchell ist ganz begeistert von
ihm, d.h. erst einmal von uns) er ist auch diesmal im 007-Universum
angekommen („...noch nie einen Major unter der Brause gesehen?“,
Barbara streichelt ihre Haut mit frischem Wasser) und mit von der
Partie bzw. zugegen, hier jedoch keineswegs als Unruhestifter,
sondern als Verbündeter, wo doch den zerstörungsfreudigen Part
Anderswer übernimmt, besagter Stromberg nämlich (herausragend: Curd
Jürgens), Sätze aus seinem Munde sprechen lassend wie etwa „Eine
neue wundervolle Welt im Schoß der Ozeane“, er versteht sich (wie
z.B. auch schon, dorten aber nicht ganz so extrem ausgeprägt, der in
geschichtlichen Dimensionen gedacht habende Scaramanga) als
„Künstler“, der er die Welt buchstäblich neu erschafft, indem
er bestimmte Vernichtungsprozesse beschleunigt herbeiführet, ein
„Gott-Sein“ darstellt, welches wohl nur von dem zwei Jahre darauf
diesen 'Beruf' übernommen habenden Hugo Drax übertroffen wird,
welcher unter den Charakteren auch wahrlichst zu den einzigen
personifizierten Gründen gehört, weswegen ich „Moonraker“
diversen Schwächen zum Trotze dennoch guten Gewissens
weiterempfehlen kann.
Für die eine oder andere
Pointe zeichnet Stromberg höchstpersönlich verantwortlich, er
„predigt“ gewissermaßen GEGEN Dekadenz und legitimiert seine
Anti-Welt-Aktivitäten mittels der These, sie (die Welt) sei
ebendieser Dekadenz nicht ausreichend abgeneigt, zugleich aber
pachtet er die Dekadenz höchstselbst, lebt und residiert in ihr,
streichelt sie mit jedwedem seiner Worte – was ich in gewisser
Weise auch nur bis zu einem gewissen Grade ablehne, nur macht ihn
besagte „Predigt“ eben „uncool“, da seine angeblich so
edelmütige Handlungsmotivation für einen Größenwahnsinnigen
schlichtweg zu kleinwahnsinnig erscheint (und damit nur bedingt
glaubwürdig), d.h. entweder nimmt er sich völlig „falsch“
(sagen wir lieber verzerrt) wahr, oder aber es war seitens der Macher
der verzweifelt fehlschlagende Versuch, einer übermenschlich
extremen Figur zum Ausgleiche noch eine „realistische“, erdige
und irdische Eigenschaft hinzuzufügen, beide Varianten fände ich
bedauerlich. Möglichkeit Nummer 3: Er löge hier und da einfach und
ist sich der Unwahrheit vollends bewusst, wenn er sein Bestreben als
ehrenvoll darstellt.
Das Finale erstrahlt im
Glanze und erinnert visuell an das damals 10-jährige Jahr 1967,
welches ebenfalls unter der Leitung Gilberts zu seltsamen Höhepunkten
hat finden dürfen und maßgeblich von den bildgewordenen Arbeiten
Ken Adams profitierte, Stromberg wird indes strenger, die Visionen
werden größer bzw. stehen zu ihrer bereits zuvor Gestalt angenommen
habenden Liebe zum Überirdischen – und beginge ein Untertan ein
Fehlerchen, so hieße es seitens des genialen und unheimlichen
Diplomaten latent bedrohlich:
„Dann wollen wir hoffen,
dass Ihnen weitere Missgeschicke … ERSPART bleiben!“
Mit gehörigem Wortwitze
(„eine bodenlose Gemeinheit“) gelänge es Bond gleichwohl, das
Stürmen der Festung insoweit in den Griff zu bekommen, Stromberg
noch einmal persönlich „besuchen“ zu können, ohne zuvor
umgekommen zu sein, schwarzhumorige Pointen wie „Ahai“ (Ahoi, der
Hai kommet...) mögen sich den im positiven Sinne kindischen Späßen
gekonnt anpassen und sich einreihen in eine regelrechte Sammlung an
Wortspielen, täuschen aber kaum darüber hinweg, dass die
eigentliche Situation nicht sonderlich rosig erscheint, doch sei dem
wie dem wolle, Bond schüfe dieses und jenes zur Genüge gut, um zu
entkommen, dem Unheile entronnen zu sein und dem Widersacher
Unbehagen und Missvergnügen in Form eines Schusses zu bescheren, in
Kürze befinden wir uns in der Rettungskapsel (mit Barbara –
versteht sich), die an ihrer Seite zu erlebende Endphase des
Unternehmens aber wirkt reichlich absurd, hier nämlich wäre es ein
Leichtes für ihn, der vermeintlich entschlossenen Barbara ihr
Schießgerät abzunehmen, sodass Bachs Plan den „Bach“
runterginge (auch gänzlich davon abgesehen, dass sie ihr Vorhaben
kaum mehr vor Bonds Vorgesetzten verbergen könnte), schon früh also
schien doch subtil vorhersehbar gewesen zu sein, dass ihr Wille zum
Morde im Detail etwas eingeschränkt war und die finale Überwindung
sie sie nicht aufbrächte, besagte Bettkapsel übrigens ist KEN ADAM
PUR, eine würdige Abschlussörtlichkeit eines teils überragenden
Films, welcher aber meinerseits dennoch streng bewertet wird, da er
in seinen Unglaubwürdigkeiten (obschon die Realität nicht
unterschätzt werden muss, immerhin hat es Figuren à la Stromberg in
Wahrheit häufiger als genug gegeben...) nicht das präsentiert, was
ich als Fleming-Fan und Befürworter von brutaleren Bondfilmen zu
sehen gewillt bin, sondern eher eine Luftblase aus Freud' und
Fantasie zu sein scheint – schade eigentlich, denn mindestens die
Hälfte der verwandt worden seienden und Anwendung gefunden habenden
Ideen, ist hervorragend, drum was bliebe, ist ein Eindruck
gespaltener Art...
Ein Meer aus Fragen,
kristallklar' Gewässer,
umwoben von Sagen,
visuell kaum möglich
besser.
Ein kindlicher Traum,
verspielte Wunder,
gewaltig groß der Raum,
ein Plan doch kein
Gesunder...