Der letzte Klassiker
Dieser Film war der allererste, den ich auf DVD gekauft habe. Ich kannte ihn vorher noch nicht und kann mich noch gut erinnern, wie er wochenlang rauf und runter lief – so fasziniert war ich davon. Wie sieht es heute aus?
Drehbuch:
Seit TSWLM endlich mal wieder ein Drehbuch, an dem es nichts zu kritisieren gibt. Waren es in den Filmen davor oft Albernheiten, fehlende Spannungsbögen oder fehlendes Tempo, die die Freude am Anschauen etwas getrübt haben, so stimmt hier einfach alles. Der Film ist von der ersten bis zur letzten Szene dynamisch und glaubhaft inszeniert. Es kommt nie ein Hauch von Langeweile auf. Das Agentenfeeling der ersten halben Stunde weckt zudem Erinnerungen an FRWL, dem Agententhriller der Bondfilme schlechthin.
10/10
Musik:
Barrys letzter Score ist zugleich einer seiner besten. MR finde ich noch eine winzige Nuance besser, aber dieser hier folgt direkt danach. Barry wirkt hier viel moderner und die Musik bietet viel Abwechslung. Die vielen verschiedenen Themen sind wunderbar in Szene gesetzt worden. Und zum ersten Mal (OHMSS mal ausgeklammert) hören wir im Abspann ein komplett anderes Lied als im Main Title.
10/10
Optischer Eindruck:
Die Schauplätze sind herrlich abwechslungsreich! Wien wurde toll eingefangen und auch die Tanger und Afghanistan Szenen können überzeugen. Auch aufgrund der Schauplätze ist dieser Film für mich der letzte Klassiker, denn die nachfolgenden 5 Filme machen es hier deutlich schlechter und schöpfen ihr Potential nicht annähernd aus.
9/10
James Bond:
Ein gelungener Einstand! Zusammen mit Craig benötigt Dalton keine Anlaufzeit zum Warmwerden. Er ist auf den Punkt da. Dieser Bond wirkt jung, dynamisch und trotzdem gewitzt. Und darüber hinaus wirkt er auch sehr sympathisch. Er versucht auch gar nicht Connery oder Moore zu kopieren (das wäre auch schief gegangen), sondern interpretiert Bond näher an den Originalromanen, ohne dabei der große Womanizer zu sein. Für mich eine gelungene Interpretation und ich hätte ihn gerne in mehr als nur zwei Filmen gesehen.
9/10
Gegner:
Der Schwachpunkt des Films. Ich nehme Koskov den General einfach nicht ab. Dieser Mann wirkt eher wie ein Playboy (Szene am Pool). Selbst M scheint Koskovs Verhalten beim Auspacken der Geschenke merkwürdig und unangemessen zu finden. So benimmt sich ein kleines Kind, aber doch kein gestandener General. Whitaker kauft man die Rolle des Chefs dagegen durchaus ab, auch wenn von ihm ebenfalls keine richtige Bedrohlichkeit ausgeht. Interessanterweise ist das bei diesem Film aber auch gar nicht so stark erforderlich. Ein Film wie GF könnte so nicht funktionieren, aber hier bei TLD entsteht die Spannung nicht aufgrund eines charismatischen Oberschurken, sondern ergibt sich ähnlich wie bei FRWL durch die Agentengeschichte und die Handlanger.
5/10
Bondgirls:
Sie wird ja oft für ihre Naivität kritisiert. Aus meiner Sicht haben wir da schon weitaus schlimmere Bondgirls gesehen. Mich hat ihr Auftritt weitestgehend überzeugt. Lediglich die Szene, wo sie Kamran Shah das Gewehr entreißt, wirkt auf mich überzogen und passt nicht so ganz zu ihrem anfänglichen Image.
7/10
Handlanger:
Ein guter, gefährlicher Handlanger, dessen einziges Manko es ist, dass er nicht ganz an die charismatischen, markanten Handlanger (LALD ist voll davon) heranreicht. Dafür ist er etwas zu „normal“. Aber er ist der beste „normalste“ Handlanger der Bondfilme.
8/10
Helfer:
Hier haben wir eine ganze Reihe von Helfern: Saunders, der Bond gegenüber zunächst sehr arrogant auftritt (ich liebe die Retourkutsche von Bond „Nur für Berechtigte, das verstehen Sie sicher!“), sich dann aber doch glaubhaft wandelt und dafür mit dem Leben bezahlen muss. Dann folgt Leiter, und hier frage ich mich, warum man nicht David Hedison eingesetzt hat? Warum stattdessen dieses blasse Bürschchen mit dem seltsamen Haarschnitt, der mit den bisherigen Leiter-Darstellern überhaupt keine Gemeinsamkeiten aufweist? Das einzig Positive an diesem Leiter ist, dass seine Screentime ziemlich kurz ist. Zu guter Letzt folgt mit Kamran Shah das Highlight: Dieser Mann hat Charisma und flößt Respekt ein. Dass er der Anführer von teilweise sehr impulsiven Charakteren ist, unterstreicht das noch.
8/10
Fazit:
Dieser Film ist das Ende einer Ära. Sir Frederick Gray und General Gogol begegnen uns hier zum sechsten (!) und letzten Mal. Schon an der Schlussszene mit Gogol merkt man, dass nun eine Zeitenwende kommt. Der kalte Krieg wird bald vorbei sein und Filme wie FRWL und OP können so nicht mehr funktionieren. TLD zieht hier aber noch einmal alle Register und bietet eine spannende, abwechslungsreiche Agentengeschichte, die darüber hinaus noch schöne Schauplätze und eine tolle musikalische Untermalung liefert. Timothy Dalton bringt hier zudem die nach der Moore-Ära dringend notwendig gewordene Frische mit. Dass er beim Publikum nicht so gut ankam, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Mich hat Dalton vom ersten Ansehen bis heute überzeugt.
9/10 (Platz 4)
Whisper, das Tor! Aber langsam Whisper, langsam. Unsere Gäste sollen Zeit haben, sich zum Dinner zu versammeln.