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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Feirefiz« (22. Mai 2014, 23:18)
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Bondforumswissenschaftlicher Forscher & Mitglied der QOS-Splittergruppe
Registrierungsdatum: 25. Mai 2013
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Spree« (30. Mai 2014, 17:10)
Tolle Bilder von meinem Lieblings-Bondfilm, danke!
Jenseits der von Martin genannten Verbissenheit denke ich nicht, dass Bonds Vorgehensweisen und Auftreten in LTK sich wirklich substantiell von seinem Handeln in den meisten anderen Filmen unterscheiden. Gerade seine Härte und sein Zynismus waren ja ein Markenzeichen gerade der frühen Connerys, namentlich in DN. Viele der brutalsten Szenen – namentlich die Tode von Dario und Sanchez – sind Notwehrsituationen: Bond bringt sie nicht aus Grausamkeit auf die jeweilige Art zu Tode, sondern weil er nur so sein eigenes Leben retten kann. Aber das nur nebenbei.
Von der Art und Weise seines Handelns stimmt das schon. Wobei man sich, wie Kronsteen mal anmerkte, auch darüber streiten könnte, dass er seine Gegner gegeneinander ausspielt, was er sonst eigentlich nur macht, wenn er in akuter Lebensgefahr ist (z.B. Beißer und Drax in MR). Was ich an LTK aber teilweise etwas 'out of character' finde, ist Bonds Emotionalität. Beispielsweise die Szene, als er Della findet. Das widerspricht manchmal etwas seiner Darstellung als absoluten Profi.
Vielleicht hätte LTK besser funktioniert, wenn man Daltons Bond nicht als erfahrenen, "alten" Fuchs dargestellt hätte, sondern ähnlich wie Craig noch relativ am Anfang seiner Karriere. Dann könnte man LTK als eine Erfahrung für ihn sehen, durch die er erkennt, dass der MI6 eben kein Country-Club ist und Alleingänge auch einige Kollateralschäden fordern, wie etwa die beinahe sabotierte Operation der Asiaten. Aber ist in dem Thread hier schon wieder sehr off-topic...
Das Gegeneinander-Ausspielen empfinde ich - abgesehen davon, dass es hochamüsant ist - nie als außergewöhnliches Vorgehen; man könnte es auch als Variation des Katz-und-Maus-Spiels sehen, das Bond eigentlich immer mit seinen Gegnern veranstaltet - teilweise sogar noch nach seiner Enttarnung, s. GF: Denn letztlich ist er ja weniger Sanchez' Gast als dessen Gefangener, und mit Krest schafft er auch jemanden aus dem Weg, der ihn enttarnen könnte, was einem Todesurteil gleichkäme - wie ja später das Wiedersehen mit Dario beweist. Und danach ist er ja definitiv in unmittelbarer Lebensgefahr, als er in Sanchez Zweifel gegen Heller und Truman-Lodge weckt.
Bonds Emotionalität ist einerseits wichtig, um sein Handeln ausreichend zu motivieren; und ob man der Figur das abnimmt, ist wohl entscheidend dafür, ob LTK für einen funktioniert oder nicht. Entsprechend fahren die Autoren auch einiges auf: die Buddy-Beziehung zwischen Bond und Leiter, das sehr innige Verhältnis zu Della, den Tracy-Bezug ...
Aber nach meinem Empfinden funktioniert das auch mit Bond als erfahrenem Agenten. Denn in den ersten Minuten nach dem Vorspann erleben wir etwas, was in den Filmen höchst selten ist: einen Einblick in Bonds Privatleben (jenseits von Schäferstündchen, die von M oder Moneypenny unterbrochen werden). Wir sehen ihn unbeschwert feiern, tanzen, im Umgang mit Freunden, die ihm ihre Zuneigung deutlich - um nicht zu sagen: plakativ - vermitteln. Es ist diese Welt, in die Sanchez eindringt, die er zerstört, nicht die Berufswelt, in der er auch Todesfälle ihm sympathischer Gefährten (Prototyp: Kerim Bey) schnell abhaken muss. In diesem Zusammenhang finde ich Bonds emotionale Reaktion plausibel und mit dem Charakter vereinbar - zumal ein gewisser Frust über die Bedingungen des Agentendaseins schon zu Beginn von TLD angedeutet wurde. Es ist nur die Frage, ob man diese Involviertheit des privaten Bond sehen möchte. Bei Lazenby wollte das Publikum es nicht. Und bei Dalton letztlich auch nicht.
Erst bei Craig wird diese Akzentuierung nicht nur akzeptiert, sondern z. T. sogar als Stärke empfunden, auch in den Filmen nach QOS, in denen er als gestandener Agent, als altes Eisen dargestellt wird. Also liegt es bei Craig nicht an seiner ursprünglichen Rolle des Jungspundes. Gleichzeitig sind etwa Craigs Tränen beim Tod von Judi Denchs M gerade bei den Traditionalisten ja auf starke Kritik gestoßen. Das deutet darauf hin, dass es sich eher um ein Zeitphänomen zu handeln scheint, das dem Blockbuster-Helden von heute eben auch ein Trauma und diverse Komplexe als Beweis charakterlicher Tiefe geradezu abverlangt. Das war - trotz des recht düsteren ersten Burton-Batman - Mainstream-Kino 1989 noch nicht der Fall. Als LTK startete, herrschte nicht nur außerhalb der Lichtspielhäuser Sommer.
Der entscheidende Punkt ist ja nicht, dass Bond die Ungerechtigkeit zum Handeln animiert, sondern dass er explizit und aktiv gegen die Interessen von M und der Regierung Ihrer Majestät handelt. Und da frage ich mich eben, ob das wirklich im Sinne Flemings wäre. In den Romanen ist M für Bond die einzig echte Bezugsperson. Abgesehen natürlich von Vesper und Tracy, wobei man sich da auch streiten könnte, wie dauerhaft das gewesen wäre. Die beiden Male, in denen er bei Fleming privat aktiv wird, sind in MR und FYEO auf die persönliche Bitte Ms hin.
Bonds Loyalität gegenüber seinen Verpflichtungen ist eine der Haupteigenschaften, die man vom Original übernommen hat, und die alle Film-Interpretationen verbindet, was Broccoli oder Wilson auch so mal im Interview gesagt haben. Und die gibt Bond in LTK vollständig auf zugunsten eines Kollegen, dem er mal in jedem dritten oder vierten Film 'Guten Tag' sagt, und der als Profi ebenfalls um die Risiken seines Berufes weiß. Und eine Situation, die an ein Erlebnis von anno dazumal erinnert. Nach OHMSS oder CR hätte mich ein Film wie LTK durchaus überzeugt, aber so finde ich die Motivation zu konstruiert.
Erst bei Craig wird diese Akzentuierung nicht nur akzeptiert, sondern z. T. sogar als Stärke empfunden, auch in den Filmen nach QOS, in denen er als gestandener Agent, als altes Eisen dargestellt wird. Also liegt es bei Craig nicht an seiner ursprünglichen Rolle des Jungspundes. Gleichzeitig sind etwa Craigs Tränen beim Tod von Judi Denchs M gerade bei den Traditionalisten ja auf starke Kritik gestoßen. Das deutet darauf hin, dass es sich eher um ein Zeitphänomen zu handeln scheint, das dem Blockbuster-Helden von heute eben auch ein Trauma und diverse Komplexe als Beweis charakterlicher Tiefe geradezu abverlangt. Das war - trotz des recht düsteren ersten Burton-Batman - Mainstream-Kino 1989 noch nicht der Fall. Als LTK startete, herrschte nicht nur außerhalb der Lichtspielhäuser Sommer.
Ich sehe es halt weniger so, dass das Publikum 1989 noch nicht reif dafür war, sondern dass es in den Craig-Filmen glaubwürdiger und begreifbarer umgesetzt ist. Ein entscheidender Aspekt ist dabei meiner Meinung nach auch nicht nur, dass Emotionen dargestellt werden, sondern um welche Emotionen es sich dabei handelt. Bei Craigs Bond sieht man Unsicherheit, Verzweiflung, Zorn und Trauer, aber eben auch Liebe, Vertrauen und Glück. Daltons Bond ist dagegen fast nur 'geladen'. Sein Ausdruck von Emotionen beschränkt sich so ziemlich auf alle negativen Formen. Und das wirkt sich eben auch auf die Empathie des Zuschauers aus. Bevor man mit dem Helden leidet und tötet, will man mit ihm lieben und lachen. Und da reicht es eben nicht aus, wenn der Held nur Gast bei der Hochzeit seines Kumpels war.
Wie gesagt: Ob LTK für den Zuschauer funktioniert oder nicht, hängt wohl davon ab, ob man Bond seine Motivation abnimmt oder nicht. Nicht umsonst ist Loyalität ja das explizite Thema des Films – nur dass Bond hier in einen Loyalitätskonflikt gerät und sich hier gegen den Mi6 entscheidet. Allerdings stürzt er seinen Arbeitgeber mit seiner Entscheidung nicht in eine existentielle Krise, es geht ja zunächst nur um einen offensichtlich nicht allzu dramatischen Einsatz, für den M nun einen anderen Agenten benennen muss – so etwas ist ihm in der Vergangenheit auch nicht schwergefallen, 008 steht sicher schon in den Startlöchern. Trotz der Kündigung hat Bond ja auch kein Interesse, dauerhaft mit dem MI6 zu brechen. Und die Unruhe in Isthmus ist auch nicht schlimmer als z. B. seine Eskapade während des „Urlaubs“ zu Beginn von SP.
Auch wenn das Franchise nie allzu seriellen Charakter bzgl. Kontinuität und Charakterentwicklung war, gibt es Versatzstücke, aus denen sich der Wiedererkennungswert der Figur ergibt und die bei allen Unterschieden der Interpretation der Rolle gewisse Konstanten bilden, die letztlich jeden Film mit jedem anderen verbinden (ich hab mal vor einiger Zeit hier versucht, das zu skizzieren). Bewegt sich Bond also innerhalb dieser Grenzen, dass man ihm sein Handeln abnimmt? Das ist wohl letztlich eher eine Frage des persönlichen Empfindens der Figur, als dass man es argumentativ auflösen könnte, und deshalb polarisiert der Film wohl auch so wie kaum ein zweiter.
Ob LTK durch inhaltliche Änderungen – wohlgemerkt: bei Beibehaltung der Ausgangsidee – 1989 publikumswirksamer hätte machen können – da bin ich eher skeptisch. Ich würde aber auch nicht darauf wetten wollen, dass CR damals viel besser angenommen worden wäre. Auch OHMSS wurde ja eher reserviert aufgenommen, und der nimmt sich am Anfang wirklich viel Zeit für die positiv besetzten Gefühle. Dabei geht es nicht um „mangelnde Reife“ des Publikums oder „seiner Zeit voraus sein“, als wenn die Leute damals zu blöd gewesen seien – vergleicht man nur die Qualität der jeweiligen Konkurrenz 1989 und z. B. 2006, werden ja nur die wenigsten 2006 für den stärkeren Blockbuster-Jahrgang halten; außerdem scheint sich der Wind auch wieder zu drehen und das unbeschwerte Abenteuer wieder mehr Fürsprecher zu erhalten (was man auch SP schon anmerkt) ... LTK war einfach nicht das, was man damals wollte. CR, zu Recht als ein Meilenstein gefeiert, mag für Bond-Verhältnisse innovativ gewesen sein; blicken wir aber über die Franchise-Grenzen hinaus, passte sich Bond hier – wie immer wieder seit den 70ern – einfach dem Zeitgeschmack an, und das ist ihm trotz allen Jubels von Traditionalisten durchaus vorgeworfen worden, als Anbiederung z. B. an Bourne und Nolan, als Absage an das vom klassischen Bond verkörperte Männerbild und dergleichen mehr. CR war bei allen Qualitäten einfach der richtige Bond zu richtigen Zeit. Über das Gelingen von LTK mag man unterschiedlicher Meinung sein, aber auch wenn man damals eine Modernisierung anstrebte, in dem Umfeld des Kinosommers 1989 war er denkbar deplatziert. Letztlich ist LTK mehr als jeder andere Bond-Film ein Western (dass Sanchez Drogenbaron ist, ist für den Plot ja völlig irrelevant) – und das Genre war damals so out, wie es nur möglich ist.