Ihr Lieben, habe meine dreijährige LTK-Rezension ein wenig aufgehübscht, Part 1.2 im nächsten Beitrage, LG
Rezension im Geiste von
Anfang 2014 bzw. 2016 bzw. hoch lud ich sie nun 2019 bzw. sie
entbehrt der zeitlichen Einordnung, LTK '89 KANN nicht rezensiert und
rezensagt werden, diesen Geniestreich müssen Sie erfahren am eigenen
Kinoleibe, Worte sind vollkommen überflüssig.
"Sie wollten es, also
nehmen Sie es, alter Freund!" - Ungewöhnlich brutal,
schonungslos ehrlich, zuweilen gar brachial!, der ÜBER-Bond, die
Innenqual, das Extreme, das Pure, das Andere, all dieses bildete im
Jahre 1989 noch ein neues, unverbrauchtes Konzept innerhalb des
Bondes, die Formel sie ging wahrlichst auf, 1980er Jahre neigen sich
wie gesaget langsam dem Ende, welch dekadente Dekade der „Genüsse
und des Betruges“ zugleich!, ein „On-the-edge“-Film am Pulse
der Selbst- und Grenzüberschreitung, in den Darstellungen zeitweise
"seiner Zeit voraus" (obzwar dies zugegebenermaßen eine
Argumentationsweise ist, welche indessen etwas überstrapaziert wird,
ich selbst bediene mich ihrer auch nur noch gelegentlich), im Rahmen
der Handlung jedoch exakt in dieser Ära festsitzend: "James
Bond 007 - Licence revoked" , dem Seiner-Zeit-voraus-Prinzip zum
Trotze häufen sich die uns in die 50er- und frühen 60er Jahre
zurückversetzenden Bezüge zu Fleming, die inszenatorisch härtlich
statt herzlich eingefangene Verbindung zu den ersten beiden
Connery-Werken scheint allgegenwärtig, so ist LTK nach meinem
Dafürhalten neben Liebesgrüße aus Moskau der bis zum heut'gen Tage
glaubwürdigste aller Bondfilme, ….bereits im Rahmen der
anfänglichen "Gunbarrel"-Einführung, fürwahr welch
Klangfreude im Sounde, werden wir von kämpferisch-kraftvollen Tönen
herb und zugleich faszinierend empfangen, alles nur erdenklich Gute
würden wir uns wünschen, doch schon die ersten Eindrücke kündigen
unschöne Folgen an, gar eine der ersten Szenen beinhaltet gleich
einen Würgemord aus dem Hinterhalte, auf welchen später in einer
geradezu ekelhaften Weise Bezug genommen wird ("Ich will doch
nicht enden wie der Typ auf der Insel." - "Hat dir meine
kleine Vorstellung gefallen?")
Michael Kamens brillanter Sinn
für perfekten Einsatz markanter Gitarrenklänge, wird bereits recht
früh die Stimmung prägen (halte ich auch John Barry insgesamt für
den besten Bondkomponisten und The living daylights für den
perfektesten aller Bond-Soundtracks, so passt Kamens Arbeit so
kongenial zu LTK wie nur irgend möglich), mit ebendieser Untermalung
wird Sanchez' (überragend: Robert Davi) Einführung eingeleitet,
eine den schrecklichsten Leiden - im wahrsten Sinne des Wortes -
"unterliegende" Talisa Soto (wäre ein Juwel ein Mensch, SO
sähe das Resultat aus!) stellt gemeinsam mit Sanchez, dieser auf
verquere Weise spannenden Gestalt des Grauens, eindrucksvollst unter
Beweis, dass dieser Bondfilm in seiner Offenheit deutlich bitterere
und kritischere Töne anschlüge als zuvor für möglich man es
gehalten hätt', intensiver als es bei irgendeinem der Vorgänger der
Fall es gewesen ist, gewissermaßen der erste Bond seit besagtem
Liebesgrüße aus Moskau, der sich wahrlich ernstnimmt, allerdings
verkommt das Nicht-Vergnügte nie zur (Ära-Craig-typischen, das ist
aber weniger Daniel denn unserer Zeit vorzuwerfen)
„Wir-geloben-mal-einen-auf-ernst-zu-machen-und-hoffen-infolgedessen-als-Arthouse-wahrgenommen-zu-werden-Farce“,
sondern das Verbissene, Rastlose, Zerrissene ist von einem Ausmaß an
Echtheit und Authentizität, das bis zur gegenwärtigen Stund'
ihresgleichen suchet.
Die Umgebungen vermögen in ihrer visuellen
Erscheinung zu verdeutlichen, dass wir es mit einer Art "Scarface-
und Miami Vice"-Bond zu tun haben, wer die Eigenheiten der 80er
Jahre nicht zu sehen oder gar zu erleben gewillt ist, braucht sich
diesen Film unter Umständen gar nicht erst zu Gemüte zu führen,
bedarf der Sichtung nur bedingt, ...die stellenweise etwas
merkwürdige Regie, setzt in der Pre-title-sequence auf einen
seltsamen Einsatz von Slowmotion, eine künstliche Form der
Dramatisierung, sie unterstreicht jedoch den fragwürdigen und des
Menschen Sensationsgier ansprechenden "Showeffekt"
bestimmter Geschehnisse, nichtsdestoweniger: Es mutet etwas albern
an, ein Brian De Palma oder Michael Mann hätte das anders gelöst
und zu einem der stärksten Momente des Films erhoben, überhaupt:
Dass die Regie nicht nur in diesem Zusammenhange etwas "speziell"
ist, spiegelt sich bei John Glen bedauerlicherweise auch darin wider,
dass er es zulässt , einen etwas eigentümlichen und in Anbetracht
des Grundtons des Films deplatzierten Humor einzubinden ("let's
go fishing" etc., alledem haftet etwas an von wegen: Ja, wir
geben uns vielen risqué seiend' Schritten hin, benötigen aber ganz
vereinzelt „familientaugliche“ Momentaufnahmen schmunzelnden
Charakters, um uns nicht NOCH stärker von der öffentlichen
Wahrnehmung Bonds zu distanzieren, mutiger wäre hier ein noch
radikaleres Vorgehen gewesen, genau wie es zum Bleistifte auch TWINE
'99 mitnichten gelang, an der Dramatik dauerhaft festzuhalten, an
ihrer statt endet (NEIN, begänne!, yeah) der Spaß mit „Ich
dachte, Christmas kommt nur einmal im Jahr).
Überhaupt offenbaren
sich die Kontraste zwischen unfreiwillig komischem Kitsche und
brachialer Härte bereits zu Beginn, die Themen Hochzeit und Nähe
zum Tode, scheinen von Anfang an schicksalhaft und
bedeutungsschwanger vereint zu sein, denn sich gar Hand in Hand in
eine gefährliche Richtung zu begeben, sich zu (!) nahe zu stehen,
zumindest gemessen an der von Gefahren durchtränkten Branche (siehe
auch 1997: „Dieser Beruf, den du hast, James, der ist einfach
tödlich für Beziehungen“), all dieses ist ein Phänomen, welches
sich für eine an Drastik reiche Geschichte wie die Hiesige förmlich
anböte, der darauffolgende (was hieße darauffolgend, NOCH ist die
traute Zweisamkeit existent) Titelsong ist einerseits ein klassisch
anmutendes Kunstwerk mit Vergangenheitsbezügen, andererseits passt
er aber durchaus in die 80er Jahre und lässt diese in Würde
ausklingen, anti-unkurz darauf erleben wir - mit einem uns im Halse
stecken bleibenden Lachen - , dass sich Sanchez gewissermaßen als
eine Art "Entertainer" versteht, noch nachdem er verurteilt
und abgeführt wird, grinst er einem Star gleichend in die Kamera,
gleichwohl es sich hierbei auch durchaus um eine, küchenpsychologisch
gesprochen, kompensatorische Komponente handeln kann, da ein
vorübergehendes Gefangenendasein eine Art Demütigung darstellt und
diese in der öffentlichen Wahrnehmung der Egoshow eines Drogenbarons
widerspräche, andererseits: Womöglich gilt er „in der Szene“ ja
gar als „cool“, wenn er „mal“ erwischt wird, um anschließend
auf umso wirkungsvollere Weise das Weite zu suchen imstande zu sein,
„zwei Millionen Dollar sind eine Menge Geld“, an Stellen im Stil
von „Hübscher Vortrag“ bemerkt der Zuschauer sofort, dass es für
Sanchez keinen besseren Synchronmeister hätte geben können als Uwe
Friedrichsen, mit Sanchez gelang diesem eine der bestmöglichen
Synchronarbeiten, die mir in meinen 22 Videojahren jemals
begegneten.
Auf die bereits angesprochenen Miami-Vice-Parallelen,
deuten nicht nur modische Akzente hin (diese bekleiden zwar AUCH eine
Rolle, sind aber meines Erachtens zweitrangig), sondern auch der
allgemeine Hang zur besagten Dramatisierungskunst, jedwede Aufnahme
der Gesichter muss besonders intensiven Eindruck hinterlassen –
meist mag das erstaunlicherweise auch gelingen, tatsächlich gehört
das Werk zu den ganz wenigen Filmen, die sie glaubhaft das Gefühl zu
vermitteln vermögen, wir befänden uns direkt im Einsatze und selbst
vor Ort, kurz nach der Hochzeit kommt es zur ersten sehr sanften,
jedoch im Detail umso schmerzhafteren Szene, wie sie relativ deutlich
auf Tracy hinwiese, Felix' Frau Della, ihr Gatte und Gemahl Felix
sowie Bond, befinden sich in einer noch recht angenehmen Atmosphäre
des leichtfüßigen Frohsinns, bis die Stimmung besagter Tracy wegen
wird kippen müssen, Kenner der Reihe werden diesem Satz folgen
können, in Bälde wird das Werk bereits drastischer, Sanchez'
"höflich-grausame" Art, ist im Grunde genommen dafür
verantwortlich, dass dessen Diener und Untertanen nicht nur Respekt,
sondern im Wesentlichen eher ANGST vor ihm haben dürften, zugleich
aber („Sie sollen Loyalität sehr gut honorieren, wie man hört“)
steht er für fast freundschaftsfamiliär angehauchte Verhältnisse
zu seinen engsten Verbündeten und selbst zu ihm geholfen habenden
Unbekannten („Ich habe mit diesem Manne einen Deal gemacht und ich
werde mein Wort halten, ….Amigo, Loyalität bedeutet mir wesentlich
mehr als Geld“) , die erweiterten Ansätze der Gewaltdarstellung
(bedrohliche Klänge, Haifischangriffe sowie pervers-sadistische
Sprüche von Sanchez himself) sind zwar alles andere als typisch für
Bond, doch sie dienen mitnichten ihrem eigenen Selbstzwecke, sondern
unterstützen die Aussagekraft der Grundgeschichte, die Gewalt bettet
sich perfekt in die Story ein, ihre erzählerische Kraft fungiert
weniger als Ausrede denn als ernsthaft brauchbares filmisches
Argument, selbst Bond himself ist selten nur auf „unserer“ Seite,
vielmehr müssen WIR entscheiden, ob wir der Seinigen beiwohnen, eine
Frage zuweilen, welche soooo einfach dann doch wieder nicht zu
beantworten ist, ist Bond doch erstmals vollends in erster Linie
Eines: Die in den Absichten ehrwürdigere „Version“ des
Widersachers, die spiegelhafte Ähnlichkeit ist verblüffend, seit
Scaramanga ist Sanchez (erneut ein Name mit S) unter den Gegnern der
erste waschechte Bondfan, „Sie haben Stil“, „Sie haben wirklich
cojones“, nur zwei Beispiele aus Sanchez' Vokabular und doch so
aussagekräftig, der millionenschwere Macho und der abtrünnige
Agent, zwei Mörder, beide mal sympathisch und mal grässlich, beide
schenken dir das ebenso aufregende wie abstoßende Gefühl: Wenn Du
ihn zum Freunde hast, hast du Macht und Einfluss, wenn du ihn zum
Feinde hast, so stürbest du eines qualvollen, blutverschmierten
Todes, nie zuvor war der Grat in einem Bondfilme derart schmal,
perfekt.
Da Bond diesmal nicht im Auftrage Ihrer Majestät wird
unterwegs sein können, fährt er "nur" ein "kleines"
Coupé von Lincoln, ich finde es erfrischend der Abwechslung halber
mal nicht von solch gewollt sportlichen Lotus- und Aston Martin
Klischees überhäuft zu werden, auch Sanchez besann sich in Form
seines Maserati („so geriet sie in die Hände von Playboys“) auf
eine eher in Richtung einer Limousine gehende Kutsche, doch zurück
zu den Charakteren: Anthony Zerbe ist in einer etwas schmierig bis
gar zwielichtig anmutenden Rolle zu sehen, zwar unangenehm, aber dass
er gegen Ende vom Bonde in geradezu verlogener Weise verraten wird,
sagt eher etwas über den Zorn Bonds aus, weniger über den
zugegebenermaßen wenig vertretbaren Charakter des Zerbe'schen
Protagonisten, im Bezug auf Bond ließe sich somit sagen, dass das
Phänomen der Selbstjustiz sehr eindeutig thematisiert wird, wenig
wird beschönigt oder diplomatisiert, oftmals merkt man Timothy
Daltons Bond an, dass er seine Aufgabe äußerst ernst genommen hat,
einerseits könnten ihm Kritiker diese geradezu verbissene
schauspielerische Präzision in der Interpretation der Rolle
vorwerfen und zur Last legen, andererseits half es Dalton dabei, sich
gänzlich auf die ihm zugedachte Aufgabe einzulassen, so als
verschmölze er mit seiner Figur.
Normalerweise ist Bond ein
eiskaltes Instrument der Regierung, hier jedoch widersetzt er sich
seinen Arbeitgebern, macht von jenem ihn irgendwo auch auszeichnenden
Charakterzuge Gebrauch, im Ernstfalle einem eigenen Wegpfade zu
folgen, ….trotz aller Unannehmlichkeiten innerhalb der
Filmgeschehnisse, gilt es auch äußeren Werten Aufmerksamkeit zu
schenken, so etwa einer wie gesaget atemberaubenden Talisa Soto im
zarten Alter von 21 Jahren, ihre Protagonistin mag auf manch'
Zeitgenossen etwas farblos wirken, obgleich ihre Rolle durchaus mehr
hergäbe, sie spielt ihre Lupe Lamora meiner Meinung nach mit mehr
Tiefgang, als es auf den ersten Blick zu vermuten sei, ihr
sanchezbedingter Unterdrücktseinszustand trüge dafür Sorge, dass
man durchaus bereit wäre, für sie Partei zu ergreifen, wenngleich
klar wäre, dass Sanchez uns unter diesen Umständen sofort zu
beseitigen gewillt sein könnte..., das wiederum fände ich etwas
unbequem, ...bezüglich der Synchronisation war dieser Film etwas
schwierig, seine südamerikanisch anmutenden Akzente erzeugen eine
Stimmung, wie man sie selten gut in deutsche Texte einbände, auch in
Bezug auf Dalton war nicht alles einfach, so wurde beispielsweise aus
einem sonoren "Make a sound and you are dead!" ein etwas
unspektakuläres "Einen Mucks und Sie sind tot." (oder
nein, „nur einen Laut und Sie sind tot“, so war's), drum so gut
Lutz Riedel seinen Job auch eigentlich macht in herber Klangfarbe und
klarem Worte, die gesamte Rhetorik des Originals bliebe unerreicht,
auf sprachlicher Ebene ist und bleibt Dalton neben Roger der
unschlagbarste Originalredende, ohne jeden Zweifel.
Bedauerlich
ist innerhalb dieses Films auch der vollkommene Verzicht auf
Schneeszenen, im selben Atemzuge kann ich aber auch auf positiver
Ebene etwas erwähnen, nämlich den - wenn auch zeitlich begrenzten -
Zauber der Unterwasseraufnahmen, diese sind selbst in den
hektischsten Sequenzen noch von poetischer Schönheit geprägt,
exotische Naturwunder erwarten uns somit auch hier, doch hinfort aus
der (wie gesagt ebenfalls rauschhaften) Unterwasserwelt und zurück
zum eigentlichen Rausche, in Bezug auf korrupte Rauschgifthändler
war Sanchez zweifellos ein extrem realistisches Abbild seiner Zeit
(ob man dieses nun gern zugäbe oder nicht), Robert Davi, der in
Wahrheit äußerst sympathisch wirkt, hat seine sehr skrupellose
Rolle im Vorfelde akribisch genau betrachtet, so hat der Film im
Hinblick auf seine glaubwürdigen Passagen schon fast eine Art
"semi-dokumentarischen" Charakter, der ihm inhärent ist
und innewohnt, denn derart ehrlich und der Außenwelt entsprechend,
war Bond bislang sehr selten, seine Rolle als Sanchez "erneut
spielen", konnte Davi dann 2002 gewissermaßen bei der
Synchronisation von Vice City sowie nicht zuletzt im Jahre 2006 bei
"Scarface - the world is yours" wurde ihm selbige Chance
ebenfalls zuteil, dorten dann passenderweise als Alejandro Sosa, dem
„Alter Ego“ der 89er Rolle.
Ein Jammer so mittendrin,
doch der Platz wird dünn, Part 1.2 der Rezension befände sich dann
in den Kommentaren.