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Wir schreiben das Jahr 1983,
es lässt sich (au contraire, das schier parallele Agieren der beiden
Altherren-Sportler erhöbe das Jahr 1983 zu einem Spezialjahrgange –
obgleich ich den anderen Bondfilm selbigen Jahres nur bedingt
schätze…, fast gar nicht) nur schwerlich dementieren, dass Rogers
Bond zum ersten und einzigen Male gleichjährige Kinokassenkonkurrenz
(oder sagen wir Ergänzung) seitens seines (wenn auch jüngeren)
Vorgängers Sean Connery erlebte, kurz vor „never say never again“
trat mit OP 83 (Octop. schreibe ich bewusst nicht aus ob der Filterei
im Netze bei dem einen oder anderen P-Wörtchen sanfter und hübscher
Bedeutung, die letzten beiden Silben des Titels würden im Pechfalle
gelöschet) ein schon nach etwa 25 Minuten fast allenthalben das
Exotische zelebrierender Film herbei, welcher aber gleichwohl – und
somit von ausgeprägten Kontrasten lebend – bisweilen auch als
farbkühler und „seriöser“ Thriller zu fungieren und zu
funktionieren gedenkt, in dieser Hinsicht teilt das Werk einige
Eigenschaften mit dem von demselben Regisseur (John Glen)
verwirklichten/inszenierten „the living daylights“, welcher
ebenfalls zur Hälfte Abenteuerfilm, zur Hälfte halbwegs ernste
Handlung darstellt und den Bogen seiner Geschichte aber trotz
extremer Gegensätze nie überspannt, es ergäbe sich durchaus eine
gewisse (romantisiert werdende) Harmonie, die Kombination weiß in
ihrer in den Gegenüberstellungen recht absurden Krassheit durchaus
mehr als zu gefallen und fühlet sich kinematographisch „richtig“
an, ist geglückt, die Mixtur aus heißer Verve und trägem Ernste
mag einigen Zuschauern als unrundes und unentschlossenes
Unfugskonstrukt negativ ins Geäug stechen, ich jedoch begrüße sie
außerordentlich, zumal sie mit Moore auch noch besser funktioniert,
in the living daylights wäre mir ein kompromissloserer und
deutlicherer Gesamtton möglicherweise lieber gewesen, zugeschnitten
auf Mister Dalton, Octoheißwörtchen findet seine Balance hier
einigen peinlich anmutenden Augenblicken zum Trotze etwas souveräner,
vielleicht feingewobener (so etwa die Szene mit Roger und den
Investoren, als britischer Gentleman gibt er sich hier als
wohlhabender seigneur, Adliger oder Ähnliches aus und spielet mit
hohen Risiken, hier treten die Sinclair-Gene zutage und Roger macht
diese an und für sich reichlich absurde Szene tatsächlich zu etwas
recht Glaubhaftem), nichtsdestotrotz halte ich das Werk von 1987 für
den insgesamt vollendeteren Film mit unvergesslicheren Formen,
Farben, Personen, Bildern und Klängen.
Das Filmwerk (dessen Titel
zwei Jahre zuvor auch für Zulawskis Meisterwerk „Possession“
infrage hätte kommen können, oder was beißt und umkrakt mich da?)
es begänne, bereits im Rahmen der PTS/Vorsequenz erblickt das
erstrahlende Zuschauerauge eine liebreizende und ihren Zauber
sinnvoll nutzende Latina, die musikalischen Wunder ertönen auf
mysteriöse Weise, der Film ist – wie durchaus bereits anklang –
äußerst belustigend, bisweilen auch albern, nichtsdestoweniger
versteht er sich auch darauf, szenenweise eine Art Spionage-Thriller
sein zu wollen, die Bindung aus „easy to watch“ und stellenweise
dennoch komplizierter Grund- und Hintergrundgeschichte reüssiert,
erzielt Erfolge in der meinigen Zuschauerseele, nur wenige weitere
Bondfilme lassen sich aus derart vielen Blickwinkeln betrachten, der
Soundtrack erweist sich als epochal und genial (vom Titelliede einmal
gänzlich abgesehen), vor allen Dingen der („MOVE!“) Part „Yo
yo fight & death of Vijay“ tat es mir seit jeher an, SO
jedenfalls werden wir nur ungern von Mordinstrumenten wachgeküsst,
im Gesamtbilde halte ich Octoschönwörtchen (wohl aus diesem Grunde
in den interaktiven Liebesgrüßen aus Moskau auch die
Abschlussmission in der „Octopus-Basis“) für den, nach for your
eyes only, zweitbesten Bondfilm mit Roger Moore, wohingegen er in der
Gesamtliste ungefähr auf Platz 8 bis 10 liegen dürfte, die
absurderen Szenen wie etwa Bonds anfängliche Flucht aus einer
(Achtung!) Pferdehinterteilattrappe (offensichtlich ein favorisiertes
Wort Glens, von einem Pferdehinterteile war ja auch seitens Kara die
Rede, ebenfalls eine augenfällige Verbindung zwischen den
sonderbaren Jahrgängen 1983 und 87) sie werden weitestgehend von
einer herausragenden Besetzung (u.a. Columbo-Mörder Louis Jourdan,
dorten besonders gut und köstlich synchronisiert von Jürgen „Jason
King“ Thormann, Louis war auch der Graf von Monte Christo, außerdem
Hauptdarsteller in Max Ophüls‘ „Brief einer Unbekannten“: „Du,
der du mich nicht erkannt...“, die tragische Schneepoesie, des
Weiteren erleben wir in Octo u.a. Steven Berkoff als fanatischen
Unruhestifter mit dem Harlem-Taxifahrer Horst Sachtleben, Berkoff,
der in „sins“ ebenfalls von Herrn Thormann synchronisiert worden
ist, Sachtleben, der ebenfalls mit Columbo in Verbindung steht und
u.a. in meinem zweitliebsten Filme Élisa zu hören ist)
ausgeglichen, ich dächte da etwa an des Gegenspielers Gehilfe, den
unsanften „Freundlichen“, der er gern Würfel zerbröseln lässt
und gegen Ende durch einen „Stups“ in jenseitige Gefilde
befördert wird, auch Roger himself kann (ganz im Gegensatze zum viel
diskutierten Nachfolger „a view to a kill“ – komisch nur: 1987
im 25-Jahres-Special, das auch synchronisiert auf VHS erschien,
wirkte er wieder gesünder, hing wohl Anno 1985 auch mit einem stark
ins Auge fallenden Gewichtsverluste zusammen und womöglich mit einer
kurz zuvor erfolgten Operation, einer, passet ja zum Film OP, OP)
nach wie vor zu überzeugen vermögen, die alsbaldige „Clownsflucht“
erinnert zuweilen an jene der Dame vor den horrorartig untermalten
Dobermännern in Moonraker (1979), NOCH nimmt sich Octop ansatzweise
ernst und formt aus ersten Teilen der ersten Hälfte überwiegend ein
politisch angehauchtes Konstrukt, ein Puzzle, wohingegen ab Indien
alles Märchenhafte überwöge und mit Klischees und Mythen spielend
eine Atmosphäre wie aus 1001er Nacht erzeuget wird (reichlich „over
the top“, aber gerade hierdurch mit der Rolleninterpretation Rogers
harmonierend und immer noch geerdeter als weiland in der zweiten
Hälfte der 70er Jahre im Falle der beiden „Über-Bonds“ von
Lewis Gilbert), auch Synchronakteur Herr Clausnitzer harmoniert (was
ich auch schon in Moonraker konstatierte) diesmal besser mit Roger,
auf einen „älteren“ Roger passet er tendenziell etwas genauer
als zu der kurzhaarigen und betont sportlichen Dynamik der ersten
beiden Roger-Abenteuer, an die distinguiert durchblümte Noblesse
eines Lothar Blumhagen reicht Herr Clausnitzer aber auch in dieser
seiner späteren Darbietung mitnichten heran, hervorragend auch
Dagmar Heller (häufig besetzt in den Werken mit Roger, in der
Dalton-Ära hingegen als Moneypenny, zu hören auch in Rohmers
Frühlingserzählung) als hiesiges Organ der vergifteten Schönheit
„Magda“, welche in der indischen Tempelwelt erhabener
Bilderstürme eine atemberaubende Figur machet und uns mit ihrem
eiskalten und gleichwohl unsagbar anziehenden Blicke zu betören
vermag (und dass die Preise für Eier in jüngster Zeit merklich
anstiegen, dessen war sich Bond nach eigener Aussage vollends bewusst
und gewahr), sie gelobt nahezu perfekt harmonierend mit den
ornamentalen Umgebungen und Örtlichkeiten zu verschwimmen und zu
verschmelzen, ihre engelsgleiche Flucht vom Balkon hat Grazie und
Zeitlupenqualität und Roger schenkt ihr ein ironisches Lächeln,
hinzu kommet abermals die orgiastische Musikuntermalung nebst
Wundergewand der titelgebenden Dame Octop, Bonds Vergnügen am
Gewagten wird wahrlich kein Ende nehmen, denn nach der zuvorigen
Angelegenheit mit den gut betuchten Investoren, erwiese sich nunmehr
auch seine erste Begegnung mit Jourdan als eine Bond sehr risqué
agieren lassende Einleitung, promt zerbröselt des Widersachers als
Untertan fungierender Begleiter wie gesaget den verhexten
„Glückswürfel“, dieser Beschützer Jourdans zöge alsbald auch
à la „GTA“ jemanden unsanft aus dem Wagen und stähle das
„Dreirad“ zwecks Verfolgung, ein etwas unschnelles Gefährt, aber
passet perfekt durch die beengten Gassen Indiens, auch bei dieser
Gelegenheit treffen wir auf Bonds sympathischen Kontaktmann aus
ebendiesem Lande, dieser strahlt mit sofortiger Wirkung etwas äußerst
Kumpelhaftes aus, so als habe er Bond bereits gekannt, was ein wenig
an Kerim (20 Jahre zuvor, Liebesgrüße aus Moskau) erinnert, OP ist
ein hochgradig visueller Film und nimmt gern an von Verzierungen
umgebenen Tischen bei Nacht Platz, abermals arbeitet der Film
außerordentlich ausgewogen (und doch extrem) mit dem Spagat zwischen
besagten Easy-to-watch-Elementen und den dennoch vorhandenen
erzählerischen Strukturen eines teils durchaus gelungenen
Qualitätsfilms, welcher es mit der Logik zwar nicht in jedweder
Szene allzu genau nimmt, es aber auch nicht zu sehr auf die Spitze
triebe bezüglich der Übertreibungen, welche wohl vier Jahre zuvor
in Moonraker ihren vorläufigen Höhepunkt fanden, wahrhaftig.
Exotisch verträumt erstrahlen
die Wunder wie in anderer Form etwa auch schon in dem ähnlich
sehenswerten „you only live twice“, nur mit dem Unterschiede
versehen, dass sich die Liebe zur Übertreibung bei YOLT nahezu durch
den gesamten Film zieht, wohingegen OP wie gesaget eine klare
Trennung vornimmt und sich aus verschiedenen Hälften speist, typisch
für einen damaligen Bondfilm ist in diesem Werke (kennt man bereits
seit Dr. No) auch wieder die äußerst vornehme Art, in deren
(vermeintlich‘) Zartheit Bond im Hause der Villains in erster Linie
als GAST behandelt wird, obgleich er sich selbstredend in
Lebensgefahr befindet und dieses auch allgegenwärtig spürt und im
Bewusstseine trüge, es dominiert ein diplomatisch gefärbter
Tonfall, sich u.a. besonders schwarzhumorig widerspiegelnd in Szenen
wie „D.h. irreparable Schäden im Nervensystem“ - „Eine
unangenehme Nebenwirkung...“,
Paläste umhüllen unser
Dasein und fungieren als Festungen, Luxusresidenzen als die
Örtlichkeit der bevorstehenden Verwesung, der Score beherrscht teils
tiefe Töne und verleiht den aussagekräftigen Bildern eine besondere
Aura, die am nächsten Tage sich zutragende und ereignende Jagd
führet durch Dschungel und Natur, kein Getier bliebe abwesend, vom
(nicht gänzlich lippensynchron: Aus der einzelnen Silbe „sit“
wurde in der deutschen Fassung: „Du gehörst in den Tank“)
Tanktiger bis zur zischenden Schlängelnden, vom
Live-and-let-die-Krokodile bis zum In-80-Tagen-um-die-Welt-Elefanten,
...einigen albernen Szenen abermals zum Trotze (ich dächte da etwa
an den legendären Tarzanschrei) hält das teils selbstgefällig
spaßige, vergnügliche Werk nach wie vor die richtige Balance,
obschon einige Dialoge durchaus etwas schräg anmuten:
„Sind Sie auch Tourist?“ -
„Nein, ich bin zum Vergnügen hier.“, worin ergründet sich die
Pointe?, vielleicht im Neine, weil ein Tourist ja sehr wohl zum
Vergnügen sich hier befände?, oder darin dass die Flucht vor
Krokodilen kein Vergnügen darstellt?, man weiß es nicht, aber wer
erwartet selbst von einem kühlen Kopfe wie Bond nach DER Jagd noch
eine logisch durchdachte Aussage?
Die betont elegante Miss OP
(bekannt aus dem Manne mit dem goldenen Colte, 1974, Maud Adams) ist
zweifelsohne eine charmante Erscheinung von besonderer Ausstrahlung,
höflich und angenehm empfinge sie das Ich in uns im Tempel ihrer
selbst, ihre Augen erinnern farblich stark an jene Bonds (visuell
mutet sie fast an wie sein weibliches Spiegelbild, wenn auch ein paar
Tage jünger, allerdings strahlt sie mehr Ruhe aus, ist nicht gerade
die Geschwätzigkeit in Person), einige Zeit darauf fordert Bond sie
auf etwas unsanfte Weise zum Verkehre auf, überfällt sie ein wenig,
nichtsdestotrotz entwickelt sie ihm gegenüber mit der Zeit weniger
Misstrauen als bezüglich der Strolche aus ihren eigenen Reihen,
Glen-typisch (als berühmtes Identifikationsmerkmal) werden in
besonders „spannenden“ Augenblicken Vögel aufgescheucht, die
Gefahr liefen, Bond zu verraten, die gesamte Residenz der lieben Maud
OP ist eine regelrechte Zauberinsel als das Reich sanfter Vorhänge
und fürstlichen Ambientes, zuhause in Bonds eigentlicher Stadt gibt
es u.a. einen freundlichen (neuen) M (Robert Brown, der auf den
ersten Blick weniger Autorität ausstrahlt als der legendäre Bernard
Lee, der Rolle aber dennoch rasch das richtige Profil hat verleihen
können), die in Bälde in Kraft tretenden Zirkusszenen erweisen sich
als hervorragend, speziell auch insofern als Bond WIRKLICH in Panik
geriete, zumal er in seiner Verkleidung als Clown nicht im
ausreichenden Maße ernst genommen wird, als es ihm um ein äußerst
akutes, von Dringlichkeit geprägtes Anliegen geht.
Bei den in Kürze hörbar sein
werdenden Schmerzszenen auf dem Zuge erhören wir vereinzelt Rogers
Originalstimme, später bei dem dem Flugzeuge hinterherreitenden
Pferde ohnedies („come on!, come on!“), die Action ist im
Gegensatze zum recht misslungenen Nachfolger noch nicht allzu reich
an doubles, dennoch wären mehr das Physische meidende
Thriller-Elemente einem Mitt-50er-Bonde angemessener gewesen bzw.
glaubwürdigkeitstechnisch dem Filme zuträglicher, OP ist Filmkunst
zwischen politisch brisanter Geschichte und wehenden Schleiern
zartfühlenden Bauchtanzes im schwebenden Nachtkosmos, sanftmütige
Damen in engelsgleichen Gewändern („ach, vielleicht doch“, Q)
glitten durch die Lüfte und dies mit Grazie und Würde, glanzvolle
Kulissen treffen auf unsanfte Mordversuche, der Realismusgrad ist
nicht immer weltbewegend hoch, aber durchaus so gerade ausreichend,
Resümee:
Der Film OP ist wahrlich die
einzige OP, die sich mitnichten nach einer OP anfühlet, sondern ganz
im Gegentümlichen: sehr gesündlich, sehr angenehm – und sie ist
typisch Bond in einer nahezu perfekten Überdosis Exotik und
Träumerei.
((Etwaige Rechtschreibfehler
o.ä. bitte ich zu entschuldigen, die Rezension wurde diesmal bei 40
Grad Fieber und unsanftem Halse verfasset, die Augen etwas gläsern
und somit Gefahr laufend, ein-zwei Dinge zu übersehen, der
nächstfolgende Textstreich „Die Treue der Frauen“ von Zulawski
wird dann voraussichtlich auch wieder bei „klarerem“, genesenen
Bewusstseine verfasst.))
Vorhang er weht,
Wunder der Wonne,
was ihr staunend nun seht,
ein Indien gleißender Sonne.
Filmkunst der Nächte,
Bilder des Orkans,
Seelenreise keine Schlechte,
eine Geschichte visuellen
Elans.