Im Kino:
Paul Thomas Anderson's Inherent Vice
Genauso durchgeknallt, drogenvernebelt, wie intelligent, atmosphärisch, anspielungsreich, aber auch zeitweise verwirrend, manchmal gar anstrengend und dennoch von der ersten bis zur letzten Filmsekunde ein abgefahrenes Vergnügen für alle, die es gern gegen den Strich gebürstet serviert bekommen wollen.
Bezüglich des Cast laufen nicht nur
Joaquin Phoenix und
Josh Brolin zur Hochform auf, umrahmt von einem gelungen dargestellten Zeitbild, in dem die Westcoast-70er so authentisch und lebendig wie selten wirken. So muß ich mich Kritiker Jan Küveler anschließen, der in der Welt schrieb:
"Inherent Vice ist ein Meisterwerk des paranoiden Realismus."
Ava DuVernay's Martin Luther King-Biopic Selma
Für einen Historienfilm über eine Ikone ist das ganze erstaunlich menschlich und greifbar geworden.
Die Ansicht diverser Feuilleton-Schreiber, das der Film bei den Academy Awards sträflichst übergangen worden sei, teile ich zwar nicht, denn wirklich cineastisch epochales kann ich in dem Werk nicht erkennen.
Dennoch handelt es sich um ein angenehm sachliches und dabei trotzdem berührendes Stück Polit-Kino, das hier entstanden ist.
Matthew Vaughn's Kingsman: The Secret Service
Aus mehreren Gründen war der Kinobesuch für mich Pflicht:
1. The
Director: Da Vaughn sich in den letzten Jahren als eine der wenigen Mainstream-Masterminds präsentierte, von denen Innovative Impulse zu erwarten sind.
- 2004:
'Layer Cake' war ja quasi Craig's Bewerbungsfilm für Bond. Außerdem wurde Vaughn sogar als ein Regiekanditat für
'Casino Royale' gehandelt.
- 2007: Die kuriose 80er-Retro-Fantasy-Nummer
'Stardust' mit DeNiro und Michelle Pfeiffer, punktete recht souverän trotz einiger billig wirkender CGi-Effekte.
- 2010:
'Kick-Ass' war zweifelos einer der hippsten und frischesten Mainstream-Filme jenen Jahres.
- 2011:
'X-Men: First Class' - Meiner Meinung nach der beste Film seines Franchise...
2. Die
genre-ideologische Ausrichtung: Gadgets, Sprüche, Effekte, Stunt-Eskapismus und sonstige pubertäre Larger than Life-Tendenzen. Ich erwartete von
Kingsman von vornherein einen direkten Gegenentwurf zur Daniel Craig-Ära.
Weg mit dem Ernst, dem Midlifecriseskrempel, der Melancholie - zurück in den kindischen Old-School-Trash dieses sehr speziellen Sub-Genres.
3. Der
Cast: 'Oscar'-Firth, Michael Caine als 'Judie Dench', Samuel L. Jackson als 'Doctor Evil', Mark Strong sehe ich auch immer gerne, Mark
"und ich mach' auch mit" Hamill usw.
Ich muß zugeben von diesem Kracher dann auch tatsächlich gut bei der Stange gehalten worden zu sein.
Allerdings empfand ich das ganze aber auch insgesamt als eine recht merkwürdige, nicht immer ganz stimmige Nummer.
Trotz soliden Darstellerpräsenzen, peppigem Tempo und ein paar netten Einfällen, stellte sich bei mir ein gewisses Gefühl der Hohlheit ein.
Nicht das ich den Film nun in den Einzelheiten besonders zerreißen könnte, aber das Werk tritt dermaßen vohersehbar krass die Klischees seines Vorbildes - also dem klassischen, utopischen Bondfilm - aus, das ich mir zeitweiße die Anarchie und Spektralität der Austin Powers-Filme herbeiwünschte.
Außerdem sind einige Gewalt- und Splatterszenen aus meiner Sicht derartig geschmacklos zelebriert, das ich diesbezüglich auch nicht gerade Beifall klatschen möchte. Den in dieser Hinsicht bereits schon sehr grenzwertigen
Kick-Ass fand ich diesbezüglich sogar harmloser.
Trotzalledem ein Film der die Kino-Säle zu füllen scheint, und zumindest das Multiplex-Publikum das mit mir im Film saß, hatte merklich Spaß an diesem Ding.
Merkwürdig ist zudem, das hier in unserm Forum verhältnismäiß wenig über den Film gesprochen wird: Geht es doch hier eigentlich um nichts anderes als UNSER ultimatives Subgenre.
Chad Stahelski & David Leitch's John Wick
"John wasn't exactly the boogeyman. He's the one you sent to kill the fucking boogeyman."
Irgendwie fiel es mir schwer diesen Film ernst zu nehmen. Ein Neo-Noir-Klischee jagt ja hier echt das nächste. Inklusive der obligatorischen nächtlichen Wolkenkratzer-Schluchten-Kamerafahrt, von der ja reichlich und in meinen Augen teilweise völlig willkürlich, bzw. pausenfüller-mäßig Gebrauch gemacht wird. Aber sowas sieht halt immer großartig aus. Vorallem im Kino. Von daher was solls - schließlich läßt der Film keine Minute einen Zweifel daran aufkommen, das es sich um ein solides B-Movie handelt.
Angenehm war natürlich die ganze Handmadeaction, aber damit haben die Regie führenden Ex-Stuntmänner in der Promotion ja auch kräftig geworben.
Den Bodycount fand ich allerdings maßlos übertrieben. Hier hätte ich mir ein wenig mehr Realismus gewünscht.
Abschließend muß ich sagen, das das beste an dem Film die Tatsache ist, das High End-Trash-Ikone
Keanu Charles
Reeves hier ein kleines Comeback feiern darf. Schließlich brauchen wir den Mann... 'like the club sandwich, the cold Mexican beer, the ten-thousand dollar-a-night hooker and shirts laundered like they do at the Imperial Hotel in Tokyo' - falls jemand von Euch diese Szene aus dem 90er-Deep-Trasher
'Johnny Mnemonic' genauso liebt wie ich.
Neill Blomkam's Chappie
Nachdem uns der Regisseur den imho im Gesamtblid recht grottigen
'Elysium' servierte, war meine Erwartungshaltung äußerst gering.
Daran gemessen war der FIlm eine positive Überraschung.
Wenn hier auch nicht wirklich neues geboten wird, und das ganze wirkt als sei ein Remake von
'Nummer 5 lebt', mit
'District 9' und einem 90-minütigen Video der Rave-Band
'Die Antwoord' in einen kuriosen Topf zusammengeworfen und kräftig herumgerührt worden, hat das ganze doch sehr kurzweiliges Entertrashment-Potential. Nun bin ich gespannt auf Blomkam's
'Alien 5'.
Don Hall & Chris William's Big Hero 6 (Baymax – Riesiges Robowabohu) in 3D
Rein grafisch wie erwartet erste Sahne. Wobei mich inhaltlich, aufgrund etlicher Verstatzstücke aus anderen Filmen jedoch ein ständiges Dejavu-Gefühl überkam und die Story zudem ziemlich 08/15-mäßig abgespult wirkt. Dennoch aufgrund der fantastischen Optik des Films - zumindest in 3D - zum Glück kein Totalausfall.
Am kuriosesten empfand ich den Handlungsort an dem der Film spielt: Die Crossover-Weltmetropole
San Frantokyo. Ich glaube sowas hatten wir noch nicht, oder ?
Wash Westmoreland's 'Still Alice'
Hauptverdienst des Films ist ganz klar, das er es einem breiten Publikum ermöglicht, Einblick in die Gefühls- und Erfahrungswelt einer an Alzheimer erkranken Person zu nehmen. Obwohl der Film das drastische Endstadium des Krankheitsverlaufs weitesgehend ausgeblendet läßt, sondern sich ausschließlich mit dem Weg dorthin beschäftigt, bekommt man als Durchschnitts-Zuschauer ohne medizinische Vorbildung ein recht eindrückliches Bild dieser Krankheit vermittelt. Und auch wenn der Hauptrollen-Oscar für
Julianne Moore mit deutlicher Karriere-Verspätung Realität wurde, so geht die Auszeichnung für diese Leistung vollkommen in Ordnung.
Wolfgang Murnberger's Das ewige Leben
Ich erlebte in einem stimmungsvoll ausverkauften Kino-Saal
Josef Hader's Rückkehr in die Rolle des österreichischen Kult-Ermittlers und Ex-Polizisten
Simon Brenner. Nach den Franchise-Beiträgen
'Komm, süßer Tod' (2000),
'Silentium' (2004) und
'Der Knochenmann' (2009), abermals ein höchst entertainender Schundkrimi, überwiegend vorgetragen mit einem der herrlichsten Dialekte unseres Planeten...
"Weißt wos des heißt ? Krieg. Suppa!" - "Jaa, und des olles im Zivildienst" - "I hab nie gsagt, dass i was gegen Krieg hob. I möcht ihn nur net im österreichischen Bundesheer erleben." - auch wenn dieser kultige Dialog aus dem Vorgängerwerk stammt.
Per Blu-Ray an der Beamerwand:
Roger Donaldson's The November Man
Meiner Meinung nach ein Film, der sich nicht entscheiden kann - sowohl stilistisch, als auch in der Ausführung der Charaktere. So verwundert es mich auch nicht, das der Film hierzulande nur ein DVD-Release geschafft hat, obwohl er trotzalledem ein paar aufwendige bzw. recht nette Passagen bietet.
Brosnan's Performance fand ich insgesamt in Ordnung. Interessant an dem Comeback-Aspekt der neuen Top-Agent-Pose von Brosnan ist vorallem, das sein Part hier offensichtlich weniger an seiner eigenen Bondrolle orientiert ist, sondern sich eher dem Rollenverständis der Jason Bourne-Filme und der Craig-Ära verpflichtet fühlt.
Dennoch konnte ich beim Filmkonsum Brosnan's Bondrolle nicht vollständig ausblenden. Zu wenig nehme ich ihn als Charakter-Darsteller ernst (fällt mir bei Moore übrigens noch schwerer), zu sehr hat sich das einstige Bild des Kunstfigur-Amtsinhabers, des Medien- und 'Talkshowbonds' in mein Bewußtsein eingraviert.