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Baron Samedi

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1

Sonntag, 24. März 2019, 22:59

Der Resümee-Thread für alles außer den Filmen

In mir ist der Gedanke gereift, die karge (Frei-)Zeit, die ich für fiktive Unterhaltung erübrigen kann, ganz James Bond zu widmen. So will ich insbesondere im Laufe der Zeit alle Romane aller Fleming-Nachfolgeautoren und die diversen James Bond-Comics lesen. Das Bond-Universum ist so vielfältig, dass es schade wäre, sich nur auf die Kinofilme zu konzentrieren.

Da es für die Kinofilme bereits einen Resümee-Thread gibt, eröffne ich hiermit den Resümee-Thread für alles außer den Kinofilmen. Dazu gehören (nicht abschließend):

- Romane und Kurzgeschichten (Fleming und nachfolgende Autoren sowie unauthorisierte Bondromane)
- Comics
- Sachbücher
- Fernsehen (z.B. TV-Verfilmungen mit Bond-/Fleming-Bezug, die James Bond junior-Serie, etc.)
- PC- und Konsolenspiele, Rollenspiele
- Hörspiele
- Musik aus dem Bonduniversum oder mit Bondbezug, die über die Filmsoundtracks hinausgeht
...
"Good morning Boss, it's sure going to be a beautiful day, yes a beautiful day."

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Baron Samedi« (24. März 2019, 23:04)


Baron Samedi

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2

Montag, 15. April 2019, 23:23

From Russia With Love
(Roman; A: Ian Fleming; VÖ: 1957)

Ein ungewöhnlicher Bondroman insofern, als dass Bond im ersten Drittel des Romans überhaupt nicht vorkommt. Diesen Teil verwendet Fleming nahezu ausschließlich auf die Einführung und Charakterisierung der drei SMERSH-Schurken Donovan Grant, Rosa Klebb und Kronsteen. Das hat den Nachteil, dass die eigentliche Geschichte etwas kurz und schnell abgehandelt wirkt. Andererseits zahlt sich die auf die Einführung des Schurkengespanns verwendete Sorgfalt und Ausgiebigkeit insofern aus, als dass Fleming hier die Schöpfung von wirklich eindrücklichen Charakteren gelungen ist, die dem Leser noch lange in Erinnerung bleiben dürften. Gleiches gilt auf Seite der Guten für Darko Kerim, dessen autobiographischer Abriss beim ersten Treffen mit Bond eines der Highlights des Romans ist.

Das Ende (das den meisten Bond-Fans bekannt sein dürfte; ich hülle mich an dieser Stelle jedenfalls in Schweigen) lässt den Leser etwa baff zurück. Jetzt bin ich gespannt auf Fleming's nächsten Roman, Doctor No.
"Good morning Boss, it's sure going to be a beautiful day, yes a beautiful day."

Daniel Dalton

Felix Leiter

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3

Freitag, 3. Mai 2019, 09:50

Werter Baron,
lass' dich von Dank umschlingen für diesen deinen Thread, dessen Entstehung ich "damals" verfolgte, welcher aber von anderen Teilnehmern bislang nicht genutzt worden ist, "später vielleicht".
Ich fange einfach mal an:
Habe anderswo ein paar zusammenfassende Zeilen zum PSone-Werk "Der Morgen stirbt nie" geschrieben, ich halte diesen Titel für unterschätzt, ist auch recht unbekannt da ein PS1-Exklusivtitel, zumal: Zu jener Zeit verband man den interaktiven Bond ja eher mit dem N64 denn mit Sony's "alter Kiste" - aber ich mag sie ;-)
Die Steuerung ist überladen, zu wenige Tasten für zu viele Funktionen, kaum präzises Zielen etc., ein überambitioniertes Spiel, welches zwar gut ist, jedoch aus rein technischen Gründen erst ein paar Jahre darauf funktioniert hätte - es sei denn, man hätte es für die Dreamcast erzeugt, dann hätte es auch '99 Qualität erlangt. LG


Wir schreiben das Jahr 1999:
EON
arbeitete vor 20 Jahren bereits längst am Nachfolgewerke "Die Welt ist
nicht genug", welches (kinematographischer Natur) ungefähr zum
Zeitpunkte des interaktiven Werkes "Der Morgen stirbt nie" erschien,
d.h. dass der Morgen im Jahre 1997 mitnichten stürbe, konnte das Werk
somit im Jahre 1999 eindrucksvoll unter Beweis stellen, denn für
Brosnans zweite Bondmission hat es nicht nur ein Morgen, sondern nunmehr
auf jubiläumsfreudiger Nostalgieebene der PSone gar ein ÜBERMORGEN
geben sollen, getränkt in einen Kelch der allumfassenden Erinnerung,
sogar eine darauf bezogene Reklame mit Desmond "Q" Llewelyn am
PS1-Controller gab es zu jener Zeit.
Wir befinden uns in einem Reiche
"schlechter" Grafik, bedächten aber gleichwohl, dass diese für
PSone-Verhältnisse durchaus an Ansehnlichseinskünsten grenzet, vor allen
Dingen aber hat es uns die Disc-Konsole (ein N64 etwa hat dergleichen
nicht vermocht) gestattet, Zwischensequenzen DVD-gleich so zu erleben,
wir wir es getan hätten, hätten wir gerade den Film, nicht das Spiel
gesehen, die Umsetzung erfolget 1:1 videogleich und somit wirken die
Filmpassagen tatsächlich wie eine Art "Belohnung", muten noch an wie ein
starker Kontrast zum Spiele, heutzutage sind es hingegen fließende
Übergänge, die visuell kaum unterscheidbar sind, sodass die Spielgrafik
zwar Berge versetzt, Zwischenszenen aber kein Faszinosum mehr
darzustellen vermögen. Unsere erste Mission geleitet uns in ein Reich
der Schneewunder, der Schwierigkeitsgrad ist noch annähernd erträglich,
die Steuerung jedoch ein Missvergnügen sondergleichen - und dennoch
brächte das Herz in mir wohl nicht es über sich selbst, einen Stern
abzuziehen nun, denn damit entzöge ich dem charakterstarken Klassiker
seinen Glanz, den er diversen Schwächen zum Trotze immer noch in
Charmeform versprüht, auch sage und schreibe drei Konsolengenerationen
darauf. Die drei Bondwerke der PSone (inklusive "Racing", 2000) sowie
insbesondere die ebenfalls unter der Federführung EA's entstandenen
Werke der Generation PS2/Xbox/NGC (bedauerlicherweise wurde die
Dreamcast als ignorabel erachtet) strahlen einen unvergleichlichen
Eigenwert und eine seelische Innenfülle aus (und verfügten teils gar
über eine ureigene Geschichte und originale Synchronstimmen). Bereits
tomorrow never dies lebet teils von Fahrmissionen und dürfte sogar
selbst "feministischen" Ansprüchen zu Ehre gereichen, steuert der
Spieler doch je nach Mission auch die chinesische Dame des Films, deren
Fertigkeiten und Schlagkünste jenen eines 007 weder nachstehen noch
hinterherhinken, der unausgewogene Schwierigkeitsgrad sowie die
frustreichen Passagen in dieser wie jener Mission stören gewaltig
(ließen sich aber mithilfe von Cheats teils kompensieren, wenngleich
diese Art der Herangehensweise für den Spieler nur bedingt
selbstbewusstseinsfördernd sein dürfte, aber sei's drum, ich habe davon
jedenfalls fleißig Gebrauch gemacht), doch die interaktiven Zeiten Bonds
waren allgemein gesegnet, als noch nicht unter der Leitung Activisions
schießwütige Call-of-Duty-Klonwerke als Bondtitel veräußert worden sind,
sondern ein individueller Stil ein jedes Einzelwerk durchzog, mit 1134
Abstrichen sogar "Goldeneye: Rogue Agent", das "Sag niemals nie" der
Videospiele. Ja, selbst Rogue Agent hat seine Momente, u.a. Ken Adam
wegen.
Die hiermit rezensierte Platinum-Ausführung aus dem Jahre 2000
deckt sich inhaltlich selbstredend mit dem ursprünglichen Originale, im
Gegensatze zu gegenwärtigen Retail-Versionen diverser Spiele zudem,
wurde noch Wert auf ein hübsches Booklet gelegt, auch in dieser Hinsicht
entwickeln sich Werke der 2000er Jahre zu einem Relikt und
Erinnerungsstück, die beiden besten Filme der Brosnan-Ära (Goldeneye und
Stirb an einem anderen Tag sind mir auch kaum erträglich, somit ist und
bildet "besten" nur bis zu einem gewissen Grade ein Lob) wurden
überwiegend würdevoll auf die Playstation portiert, perfektioniert wurde
die Formel zwar erst mit dem Generationswechsel PS2/Xbox/Gamecube, doch
die 90er Jahre legten den Grundstein für interaktive Filme und ließen
die Werke endgültig in kinematographischem Glanze in die Konsolenwelt
eintreten, ohne dass größere Abstriche zur Filmwelt hätten in Kauf
genommen werden müssen.
Farbvisuellen Stils erinnert tomorrow never
dies minimal an "NfS: Brennender Asphalt" aus demselben Jahre, die teils
missratene Umsetzung ist verzeihlich, gemessen an den eingeschränkten
technischen Möglichkeiten und den typischen Mängeln von sogenannten
Lizenzspielen fürwahr, wäre deutlich Unschöneres möglich gewesen, in
diesem Sinne seied bedankt, nehmet Platz im dezent grauen, endlich mal
trotz Bond nicht allzu angeberischen 750i (L versteht sich :D), arbeitet
als "Sniper-Problembeseitiger", irret durch das Hotel Atlantic und
hoffet, dass Eure PSone auch anspränge, Ihr Gerät ist schließlich 19
bzw. 24 bzw. 25 Jahre jung, je nach Ausführung und Nationalität.
4,49367 Sterne für dieses Werk, höflicherweise aufgerundet.

Noch ohne Sophie,
doch Asien gefällt,
erhabene Nostalgie,
der Winter einer komplexen Welt...

Ein Genremix nach alter Manier,
charakterstark und wundersam,
das Haptische befriedigt die erinnerungsreiche Gier,
eine Zeit als Spielkunst noch downloadfrei war warm,
das Spiel noch stets mit Liebe kam.

Die Hülle noch echt,
das Cover noch gedruckt,
die Steuerung zwar schlecht,
doch in Michelle hab' mich verguckt.

Liebe zum Detail,
Filmsequenzen der Bonuswunder,
das Schicksal noch frei,
PSone-Genuss ein Runder und Gesunder.
"L oyalität bedeutet mir wesentlich mehr als Geld."

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Daniel Dalton« (3. Mai 2019, 10:05)


Baron Samedi

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Sonntag, 5. Mai 2019, 22:41

lass' dich von Dank umschlingen für diesen deinen Thread

Danke für die Blumen :thumbup: Es freut mich, wenn damit die Gelegenheit geschaffen ist, sich über das (ebenfalls) reichhaltige Bonduniversum außerhalb der Kinofilme auszutauschen.


Dr. No
(Roman; A: Ian Fleming; VÖ: 1958 )
Gleich vorweg: Ich war von Dr. No begeistert. Ein spannender Pulp-Roman mit dezenten Science-Fiction-Elementen, in dem Fleming - wie schon in From Russia With Love - u. a. sein Talent zur Zeichnung denkwürdiger Bösewichter unter Beweis stellt. Dr. Julius No, wohnhaft auf Crab Key und umgeben von fleischfressenden Krabben, ist selbst eine bösartige Krabbe mit Metallscheren statt Händen. Sein Test von Bond's Willens- und WIderstandskraft in einem Todesparcour und Bond's minutiös-wissenschaftliche Beobachtung während seiner Tortur im Röhrenlabyrinth ist eine der besten Passagen des Buches.

Ebenso gelungen sind auch andere Passagen, die Dr. No seine myteriös-märchenhafte Atmosphäre verleihen. Dazu gehören etwa Bond's Belehrung durch Honey über die Geheimnisse des Tierreichs oder die finale Zusammenkunft der beiden an einem Ort, dessen Ungewöhnlichkeit selbst einen weitgereisten Mann wie Bond tief beeindruckt zurückgelassen haben dürfte. In solchen Passagen zeigt sich, das Fleming einfach auch sehr gut zu schreiben verstand.

Weiter geht's mit Goldfinger.
"Good morning Boss, it's sure going to be a beautiful day, yes a beautiful day."

Django

Der Andere

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5

Montag, 6. Mai 2019, 07:53

Zitat

Gleich vorweg: Ich war von Dr. No begeistert. Ein spannender Pulp-Roman mit dezenten Science-Fiction-Elementen

Dr. No war mein erster Bond-Roman. Und ich weiss nicht, ob's daran liegt - aber für mich ist er nach wie vor einer der "unterhaltsamsten" Bond-Romane von Fleming :thumbup:

Daniel Dalton

Felix Leiter

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6

Montag, 6. Mai 2019, 12:02

Habt Dank,
in solchen Momenten klingt es umso begrüßenswerter, dass Bond 25 eventuell eine leicht DN-haft geprägte Richtung einschlüge, wir werden sehen.
Das Geheimnisvolle durchzog später auch den Film, meiner Meinung nach bildet DN Ken Adams beste Arbeit. LG
"L oyalität bedeutet mir wesentlich mehr als Geld."

Baron Samedi

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7

Montag, 20. Mai 2019, 22:50

Goldfinger
(Roman; A: Ian Fleming; VÖ: 1959)

In Goldfinger frönt Fleming wieder einmal ausgiebig seiner Lust am Spiel, zunächst bei der Beschreibung einer Partie Canasta - bei der es Bond gelingt, Goldfinger als Falschspieler zu entlarven - und dann bei einer noch ausgiebigeren Beschreibung einer Partie Golf zwischen den beiden Widersachern. Bei letzterer wird Bond selbst zum Falschsspieler, was er damit rationalisiert, dass Goldfinger anders nicht beizukommen sei. An dieser Stelle war mir Bond weniger sympathisch - ich bevorzuge den Bond, der die Dinge ins Rollen bringt, statt selbst zu verschlagenen Tricks zu greifen.

Auch an anderen Stellen im Roman arbeitet mit Tricks und Täuschungen. So schildert Fleming im mittleren Teil des Buches eine etwas bizarre Sequenz, in der Goldfinger Bond vorübergehend allein in seinem - Goldfinger's - Anwesen zurücklässt und Bond zunächst herümschnüffelt und anschließend seine Spuren mit einer fadenscheinigen Geschichte zu vertuschen versucht. Offenbar lässt sich Bond in diesem Roman ein wenig zu sehr von den Methoden seines Gegners beeinflussen.

Warum Goldfinger Bond am Leben lässt, nachdem er ihn einmal in seiner Gewalt hat und gerade in Begriff steht, ihn mit einer Kreissäge zu halbieren, vermag Fleming nicht überzeugend darzustellen. Die fortgesetzten Begründungen Goldfinger's zu diesem Punkt im dritten und letzten Teil des Romans machen den Leser lediglich auf diesen Umstand aufmerksam und stören das unbeschwerte Eintauchen in die Geschichte. Auch Pussy Galore's plötzliche Hingabe an Bond wird nicht so recht deutlich und liest sich etwas zu sehr als Schlafzimmerfantasie. Vielleicht ist mir Pussy Galore auch einfach nur weniger sympathisch als etwa Honey Rider.

Highlights sind - wieder einmal - die Beschreibung des Bösewichts und der in Fleming-Romanen häufiger zu findende Expertenvortrag, diesmal natürlich zum Thema Gold. Hier zeigt sich Fleming's aufrichtige und sympathische Begeisterung für Themen die einfach spannend sind. Insgesamt haben mir From Russia With Love und vor allem Dr. No aber besser gefallen.
Weiter geht's mit den gesammelten Fleming-Kurzgeschichten.
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Daniel Dalton

Felix Leiter

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Donnerstag, 11. Juli 2019, 15:44

Ihr Lieben,
nachdem ich schon so frei war, meine Worte zum TND-Videospiel hier unterzubringen, tu' ich selbiges nun bezüglich "everything or nothing" (NGC, PS2, Xb.), LG

We are going global!, so
wohl erklang die Devise, als man sich zwischen Anfang und Mitte der
2000er Jahre dem wahrlich vollendetsten, in Form und Präsentation
umfassendsten interaktiven Bondwerke an Ambitionen so reich seiend
hingab, denn ob auf Gamecube, Xbox oder zur kantigen Not auch PS2,
begänne „es“, dieses elektrisierende Filmgefühl, bereits im
Hauptmenü:


Das Licht erwacht, die
Musik poetisiert das Geschehen, eine engelsgleich weiß gekleidete
Shannon Elizabeth im Seidengewande pustet hauchend ins rauchend'
Pistölchen und mit einem nach den Sternen greifend übertriebenen
Titelsong („Gimme everything or nothing.....“) lüde uns das Werk
ein unsere grüblerischen Gedankenverliese kurz zu entstauben und
„einfach mal locker“ zu sein, so ist ALLES ODER NICHTS das, was
z.B. Moonraker und insbesondere Spectre gern wären, nämlich ein
alles „Normale“ verlassender Over-the-top-Orkan, der selbst in
den vermeintlich lächerlichsten Augenblicken niemals es schüfe,
dass er unfreiwillig komisch erschiene, sondern selbst in den
unglaubwürdigsten Momentaufnahmen auf bizarre Weise glaubwürdig
bliebe, selbst die Idee des unsichtbaren Fahrzeuges aus Stirb an
einem anderen Tage wirkt innerhalb der interaktiven Welten weniger
befremdlich und kann meinerseits vollends akzeptiert werden,
erschwerend hinzu kamen die verführerischen Persönlichkeiten,
Shannon (in einer Mission umarmen wir sie gar buchstäblich
fliegerisch aus der Luft, „Sie ist Ihnen VERFALLEN, James“) als
dunkelhaarige Serena bedient sich eines an „Christmas Jones“
erinnernden Lara-Croft-Erscheinungsbildes und reist mit uns
abenteuerlich durch peruanische Exotik (deutsche Synchronstimme:
Kathrin Gaube, Leelee Sobieski in „the glass house“, Coco in Zoey
101) und kontrastierend zu ihrer uns zugetan seiend' Person wird die
andere „Seite“ des Geschehens blondiös besetzt, das anmutige
Antlitz hinter Frau Dr. Nadanova entstammt einer Darstellerin, welche
– lange vor einer ganz bestimmten, nach meinem Dafürhalten
furchtbaren, TV-Show, die sich in diesem Jahre zum 14. Male in neuer
Staffel präsentiert hat – mit Allem oder Nichts eine erhabene,
erdentrückte Darbietung ins Leben rief als geheimnisvolle Dame,
welche sich zum Glücke mitnichten selbst synchronisiert, sondern von
der werten Stephanie von Lerchenfeld unterstützt wird (Margot in
Rohmers Sommer, Nicole im süßen Jenseits, Mindy in Drake & Josh
etc.), „...ihre Intelligenz wird nur noch von ihrer Schönheit
übertroffen“, so die Anleitung des Spiels, das
schwarzweißmalerische Zusammenspiel zwischen „Gut“ und „Erbost“
ist dabei einerseits flach und nicht ausreichend verschwommen,
andererseits funktioniert es, da wir sowohl jemanden „beschützen“
als auch eine femme fatale bewundern dürfen, eine ganz besonders
glanzvoll und hochkarätig gewählte Besetzung ist ferner im „bösen“
Bereiche auch („Die letzte Versuchung Christi“, „Antichrist“)
Willem Dafoe („Max Zorins Schüler“ , „...wir haben mal eine
Runde BRIDGE gespielt – er hat verloren“, wer dächte da nicht an
San Francisco 1985?) als Mister Diavolo, die gesamte
absurd-überdrehte Geschichte über Nanobots sucht bis zum heutigen
Tage ihresgleichen und verstärkt den Larger-than-life-artig
anmutenden Faktor des Überzogenen (rein im Gefühl natürlich, ich
behaupte nicht dass alles unrealistisch sei), welcher mir in einigen
wenigen der Filme zu aufdringlich auf die Spitze getrieben worden
ist, dieses eine Mal nun aber ausnahmsweise genau dadurch erst
aufblüht („...for bigger things to come“), (fast?) kein anderes
Werk der Reihe böte einen vergleichbaren Größenwahn, ...der
einzige Bond, der dafür ernstgenommen werden kann, nicht
ernstgenommen werden zu können, eine verkannte, hochspannende Kunst.


Beginnend bereits mit M
läuten schon in der Einführungssequenz („Es ist eine Falle –
eliminiert sie!“) die Alarmglocken, wir befinden uns in einer
kalten Schneewelt, deren Berge aber erst im Videobereiche sichtbar
erschienen, wohingegen die tatsächlich befahrbare „Spielwiese“
ist zunächst eher weniger harmonisch und zeuget von gräulicher
Tristesse, später jedoch reisen wir wie gesaget nach Peru und
Ägypten, doch hiermit nicht genug, wartet auf uns alsbald danach
eine gräberne Kulisse in New Orleans, späteren Momentes wird es
dann abermals kälter (Russland), trotz wiederholt zu besuchender
Schauplätze mangelt es in keinster Weise an Abwechslungsreichtum (im
Gegenteil: jedwede Region wird sozusagen aus verschiedenen
Blickwinkeln erkundet – auch wenn der Grundaufbau nicht nonlinear
erscheinen mag und vielmehr bis ins kleinste Detail vordurchdacht
ist), ….eine besonders stark ausgeprägte und segensreiche Sammlung
von Erfreunissen bildet zudem die Tatsache, dass (sähe man von der
deutschen Stimme – Thomas Danneberg – Johns einmal ab) sowohl im
Originaltone als auch im Rahmen der hiesigen Variante ausschließlich
die Stimmen der bekannten Filmpendants verwandt worden sind, der mich
in den Filmen selbst nicht sonderlich überzeuget habende John Cleese
hat („Triumph Daytona 600“) sogar sichtlich Spaß am
vergnüglichen Vertonen dieses besonderen Abenteuers und äußert in
einem Interview gar noch, welch wundersam' Trostpflaster das Spiel
doch sei, wo doch im Jahre des Spiels kein Bondfilm gedreht würde,
...unwissend zu jenem Zeitpunkte vielleicht noch, dass es eine
seinige Rückkehr in die Filmreihe letzten Endes ohnehin doch nicht
hat geben sollen..., wie dem auch sei, das hochgradig ambitionierte
Werk von 32 (!) Missionen (inklusive der MI6-Zwischensequenzen,
wohingegen die Bonusaufträge ich nie sie hab' erreichet) ist
unendlich lobenswerte Musik mit verboten schöner Visualisierung,
soundsexuell über alle Maßen aufgeladen und sang sich auf Anhieb
durch unsere damaligen Herzen, ein Score so brillant und
atmosphärisch, die Damen betörendermaßen eine Illusion von
Perfektion, kein einziges Detail verwirkt seine Chance auf Glanz,
frohgemut gleitet Bond von einer Extremsituation in die Nächste und
ein Werk wie dieses ist nicht gewillt, kühl evaluiert zu werden,
sondern erreicht seine Rezipienten direkt in der heiligen Kammer
zwischen Herz und Seele , alles Weitere ist zunächst einmal sekundär
und nur von reichlich eingeschränktem Bedeutungsgrade, so möcht'
ich sprechen und tu' es auch.


Nie abstrahiert der Film
den Verzicht auf etwas Glorreiches, derartige Kunst grafischer Wunder
und visueller Feinheiten verdient Reputation und doch sind die
interaktiven Werke in der internationalen Filmgemeinde vom Bonde noch
nicht gänzlich angekommen und fristen ein Schattendasein als
Randerscheinung, sie gelten als „unseriös“ und recht kindlich,
doch gerade solche Eigenschaften sollten sie meines Erachtens zu
renommierten Edelsteinen der interaktiven Filmkunst erheben, denn sie
glänzen nicht nur (das können die Filme ebenfalls und vermögen es
nahezu perfekt), sondern legen das Schicksal der virtuellen Menschen
und des Bondes in die Ihrigen Händ', damit sind sie BOND PUR, drum
umso bedauerlicher dass seit sieben (!) Jahren kein Konsolen-Bond
mehr in Erscheinung trat und u.a. der letzte Streich (007 legends,
2012) sehr stark zu wünschen übrigließ...., doch zurück zu ALLEM
(oder zum Nichtse) , wir durchwandern einen Streifzug aus damals über
40 Jahren Bondhistorie, aufgrund seiner unleugbaren Kräfte übrigens
einerseits apathisch und andererseits doch so engagiert träfe der
Zuschauer auch den werten Beißer aus den letzten beiden 70er
Episoden, auch dieser mutet auf Brosnans Spielwiese weniger albern an
als in einem „normalen“ Filme der Hauptreihe, untrüglich sind
wir der Überzeugung ihm das Handwerk zu legen bzw. es zu können,
doch nicht nur er zerbräche uns die Gedankenmurmel, die
konspirativen Verstrickungen um Bond herum gälte es auszuschalten
und dies albernerweise möglichst ohne ein Verrutschen der perfekten
(unserigen) Föhnfrisur, Brosnans hiesig' Bond der spektakulären
Zeitlupen und hüpffreudigen Luftsprünge also sieht in
Ausnahmesituationen genauso wenig betroffen aus wie in stressfreien
Momenten, in den Filmen bin ich heilfroh wenn u.a. Timothy Dalton
genau diesen Fehler unterbände und schätze/ehre somit genau das
Gegenteil, doch Brosnans Interaktiv-Bond ist mit Abstand das am
Extremsten überzeichnete Phänomen der gesamten Reihe und gleichwohl
eben funktioniert die Formel nahezu fehlerlos, ihre Selbstironie ist
auf hiesigen Gefilden auch deutlich sympathischer als in den
eigentlichen Hauptfilmen, da uns buchstäblich die Hand gereicht wird
und wir vor lauter uns gestellten Aufgaben gar nicht erst dazu
kommen, es als „Unfug“ zu empfinden, sondern mit den uns
zugedachten Aufträgen verschmelzen und wahrlich zur Genüge
gefordert werden.


Die makellose technische
Präsentation (third person, nur wenig manuelles Zielen), die es in
technisch deutlich schwächerer Form auch schon im Jahre 1999 in dem
Spiele zum 97er Filme „Der Morgen stirbt nie“ gab (leider stürbe
er manchmal dann doch), nahm bereits erste Elemente des 2005er
Liebesgrüße-aus-Moskau-Werkes vorweg, dorten wurde diese Formel
noch ein Stück weit perfektioniert, insgesamt sind die Liebesgrüße
aber noch schwerer und Brosnans mit einer eigenständigen Geschichte
ausgestatteter Alles-oder-nichts-Film mutet an als sei er um einen
Hauch zugänglicher, in beiden (meines Erachtens BESTEN) Bondspielen
spielt Deckung eine wesentliche Rolle, selbstredend muss der
Konsument aber beileibe nicht so taktisch und leise vorgehen wie in
dem brillanten Werk Splinter Cell, im Laufe der Handlung und
visuellen wie inhaltlichen Details erhöben sich sodann Stück für
Stück diverserlei Anspielungen zur Bondfestivität, u.a. auf Licence
to Kill (1989, Förderband) und Feuerball (1965, Kiss Kiss Club) wird
verwiesen, ….die in ihren Absurditäten bereits zur Erwähnung
gebrachte Erzählung rundum die kleinen Böttchen („....und dann
lassen wir unsere Nanobots auf die ganze Welt los!“) ist, wie würde
Frau Klebb sagen, „äußerst amüsant“, nie wieder waren die
Gadgets derart, pardon, ''durchgeknallt'' und gleichwohl so
raffiniert (süß etwa: die „Q-Spinne“, sie erreicht aber auch
wirklich jedweden Winkel), besonders viel Liebe ließ man vor allen
Dingen den Zwischensequenzen angedeihen und selbst besonders platte
Zweideutigkeiten („Doch zuerst.....nehmen Sie dies als kleine
Anzahlung“ - „Oh, ich freue mich schon auf den Rest“) verfehlen
ihre Wirkung nicht, dann gäbe es da auch noch obendrein die
wunderhübsche Assistentin beim MI6, welche es gar auf das japanische
Cover des Spiels geschaffet hat, der Film LEBT mit jeder Faser seines
Körpers von einer Umgebung umwerfender Künstlichkeit und so ist er
mitnichten subtil, sondern ein zuweilen derart draufgängerisches
Machwerk der qualmenden Reifen und des grinsenden Imponiergehabes,
dass es EIGENTLICH unsere Nerven beanspruchen sollte bis zum
schüttelnden Kopfe, doch in Wahrheit hat dieses Spiel etwas an sich,
das selbst den trübseligsten Gemütern fast ein kleines Lächeln ins
Antlitz zaubern dürfte, „eine gewaltige Show“, getränkt in
einen musikalisch perfekt untermalten gunbarrel zu Beginn, eben ein
goldenes Auge bond'scher Filmkunst und nie wieder haben sich die
interaktiven Kosmen später getraut, eine derart extreme, sich selbst
zelebrierende Grinse-Orgie wie diese zu veranstalten, EON (Febr. '04,
die portable 2003er Version lasse ich aus atmosphärischen Gründen
außen vor...) ist für mich der einzige legitime Erbe der
Lewis-Gilbert-Bonds, grafisch ganz nebenbei wie gesaget selbst
heutigen Tages noch eine Augenweide (die außerordentlich präzisen
Gesichtszüge betreffend – Connery sprach zum seinigen
Spieleabbilde später gar: „In fact this one looks better than the
original“), es ist der fünfte und letzte Bond mit Pierce Brosnan
und in gewisser Weise gleichsam der Erste, war im Jahre 2004 für
mich auch die Initialzündung , anschließend führte ich mir
heimlich Liebesgrüße aus Moskau auf VHS zu Gemüte und in
Begleitung u.a. Doctor No als Special Edition (teils deutlich
empfehlenswerter als Ultimate und BD, je nachdem welche Aspekte einem
wichtig sind), kurzum: das Schicksal schlug unvergesslich zu, erleben
Sie nun weshalb, haben Sie recht vielen Dank.



Am Pulse der Extreme die
Hand,


sie fuhr sodann über Herz
und Leid,


Selbstüberschreitung von
verschachteltem Verstand,


ein Meisterwerk mit Gesang
und holder Maid.



Übertreibung als Kunst,

Details der Vollendung,

so hoch in unserer Gunst,

bildluxuriöse
Verschwendung.
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Spree

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Montag, 14. Oktober 2019, 22:36

Sorry, OT-Frage, aber wozu eigtl. der Zweitnick, Daniel Schweikert 1996?
Ist mir schon am Anfang aufgefallen, aber jetzt erst wieder ins Gedächtnis gespült.
JAMES BOND WILL RETURN!

Daniel Dalton

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Dienstag, 15. Oktober 2019, 16:02

Der Zweitnick ist ein Erstnick ;)

Als ich mal darum bat, dass das geändert wird, was freundlicherweise geschah, dachte ich ursprünglich, dass dadurch automatisch bei allen Beiträgen der Nickname geändert würde, aber offenbar ist dem aus technischen Gründen nicht so.
Da ich im Netze Pseudonyme vorzöge, und dieser gibt es einige, würde ich sagen: Daniel Dalton :)
Liebe Grüße
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Baron Samedi

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Dienstag, 17. März 2020, 20:57

Gerade nochmal You Only Live Twice und The Spy Who Loved Me von Ian Fleming gelesen.
YOLT ist neben LALD mein liebster Fleming-Roman. Man spürt richtig, wie tief Fleming sein Japan-Besuch beeindruckt haben muss. Gekonnt lässt er seine neuen kulturellen Erfahrungen in die fesselnden Dialoge zwischen Tiger Tanaka und Bond einfließen, die sich um Leben und Tod, Freundschaft und Feindschaft, Ehre und Gesichtsverlust drehen. Dabei erzählt YOLT eine traumhaft-unwirklich anmutende Abenteuergeschichte von einem, der auszieht, den Drachen im dunklen Schloss zu erledigen. Der Todesgarten, der das Schloss umgibt, ist wohl eine der denkwürdigsten Locations des literarischen Bonds.
TSWLM mit seiner ungewöhnlichen Erzählweise aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Vivienne Michel mutet dagegen wie eine etwas pubertäre Männerphantasie an. Auch sind die Hauptschurken des Romans, Horror und Sluggsy, selbst eher durchschnittliche Handlanger, weswegen es an einem nachhaltig beeindruckenden Bedrohungsszenario fehlt. Immerhin sind die beiden in typischer Fleming'scher Bösewichtmanier mit viel Liebe zum Detail beschrieben.
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Django

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Mittwoch, 18. März 2020, 07:41

Gerade nochmal You Only Live Twice und The Spy Who Loved Me von Ian Fleming gelesen

Beides (für mich) definitiv schwächere Fleming-Romane. Insbesondere YOLT hat zwar durchaus interessante Aspekte, aber man merkt, dass bei Fleming irgendwie die Luft draussen war. Das zeigte sich dann auch beim folgenden und letzten Bond-Roman von Fleming, TMWTGG. Wobei hier ja gemunkelt wird, dass Fleming diesen Roman aufgrund seines plötzlichen Todes nicht mehr wirklich zu Ende bringen und sorgfältig redigieren konnte. Andererseits ist die Story von TMWTGG halt schon eher dünn und wäre dies wohl auch nach einer gründlichen Überarbeitung geblieben. TSWLM hingegen kann man m.E. nur mit "einmaliges, schief gegangenes Experiment" bezeichnen :D

Baron Samedi

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Mittwoch, 25. März 2020, 23:05

man merkt, dass bei Fleming irgendwie die Luft draussen war. Das zeigte sich dann auch beim folgenden und letzten Bond-Roman von Fleming, TMWTGG.
Stimmt, TMWTGG erreicht nicht mehr das Niveau der Vorgänger. Wobei es auch hier Elemente gibt, die mir sehr gut gefallen. M's genüssliche Lektüre des Scaramanga-Dossiers beispielsweise... hier kann ich M's Freude an den Ausführungen des ominösen "C. C." sehr gut nachvollziehen. Was für ein toller Job, in dem man solche Akten zu lesen bekommt!

Da meine letzte Lektüre von Fleming's letztem Roman allerdings noch nicht so lange her ist, habe ich mir erlaubt, ihn zu überspringen, und mit dem ersten Roman eines Fleming-Nachfolgeautors weitergemacht. Colonel Sun von Kingsley Amis, verfasst unter dem Pseudonym Robert Markham, weist viele Fleming-Elemente auf und formuliert an vielen Stellen mindestens ebenso schön wie der Meister selbst ("It was only when you looked Sun straight in the eyes that he seemed less than totally Chinese. (...) But then not many people did look Sun straight in the eyes. Not twice, anyway.")
Weniger gefällt mir hingegen die Story, die eine Entführung von M als Aufhänger für die weiteren Entwicklungen nimmt. Ich bin kein großer Freund davon, M persönlich in die Story zu verwickeln. Zudem finde ich die Handlung etwas dröge und technisch erzählt. Insofern haben die Fleming-Romane in der Regel mehr Abenteuerflair, vielleicht auch deswegen, weil Fleming mehr erlebt hat und seine persönlichen Erfahrungen oft in seinen Geschichten verarbeitet.
Der Hauptschurke hingegen ist in jeder Hinsicht Fleming-würdig, eine faszinierende und zugleich irritierende und abstoßende Vereinigung widersprüchlicher Charakterzüge, der etwas puppenhaftes anhaftet. Wenn dieses Monster gegen Ende des Romans Bond foltert, rollen sich die Zehennägel hoch.

Insgesamt ist Colonel Sun eine interessante Bereicherung für den literarischen Bondkanon.
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Django

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Donnerstag, 26. März 2020, 16:36

Ich bin kein großer Freund davon, M persönlich in die Story zu verwickeln.

Oh - dann gab es in den letzten Jahren aber doch einige Filme, die Dir diesbezüglich wohl nicht so zugesagt haben ;) . Wobei ich davon auch kein Fan bin: M, Moneypenny, Q - das ist Bonds heile Welt, sein Hafen, seine Heimat, der er vertrauen kann. Als Kontrast zu seinen Aufträgen, wenn er "raus in die gefährliche Welt" geschickt wird. Daher sollte diese heile Welt auch klar von der Auftragserfüllung von Bond - der ja im Grunde genommen eine One-Man-Kampfmaschine ist - abgegrenzt sein. Ich mag's halt simpel :D

Baron Samedi

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Donnerstag, 26. März 2020, 22:03

Ich bin kein großer Freund davon, M persönlich in die Story zu verwickeln.
Oh - dann gab es in den letzten Jahren aber doch einige Filme, die Dir diesbezüglich wohl nicht so zugesagt haben ;) .

Einer der mehreren Gründe, warum TWINE und SPECTRE ganz unten auf meiner Bestenliste stehen ;) Beide Filme bedienen sich übrigens großzügig bei Colonel Sun, TWINE eben im Hinblick auf die Entführung von M (bei einigen Passagen in Zusammenhang mit M's Gefangenschaft sah ich direkt Bilder aus TWINE vor meinem inneren Auge) und SPECTRE im Hinblick auf die Folterszene, teilweise bis hin zur wörtlichen Übernahme von Dialogen:

SPECTRE: "(...) a man lives inside his head. That's where the seat of his soul is. James and I were both present recently when a man was deprived of his eyes and the most astonishing thing happened, didn't you notice? He wasn't there anymore. He had gone even though he was still alive, so this brief moment between life and death, there was nobody inside his skull. Most odd."

Colonel Sun: "A man lives inside his head. That's where the seat of his soul is. And this is true objectively as well as subjectively. I was present once - I wasn't directly concerned - when an American prisoner in Korea was deprived of his eyes. And the most astonishing thing happened. He wasn't there anymore. He'd gone, though he was still alive. There was nobody inside his skull. Most odd, I promise you."

Wobei ich davon auch kein Fan bin: M, Moneypenny, Q - das ist Bonds heile Welt, sein Hafen, seine Heimat, der er vertrauen kann. Als Kontrast zu seinen Aufträgen, wenn er "raus in die gefährliche Welt" geschickt wird. Daher sollte diese heile Welt auch klar von der Auftragserfüllung von Bond - der ja im Grunde genommen eine One-Man-Kampfmaschine ist - abgegrenzt sein. Ich mag's halt simpel
Ganz genau so sehe ich es auch! Auch wenn gerade der M bei Fleming mitunter ein kaltherziger Bastard ist, der einen depressiven, weil gerade verwitweten Bond loswerden will (YOLT),ihn auf eine wahrscheinlich todbringende Mission schickt (TMWTGG) oder ihn für eine persönliche Rache instrumentalisiert (FYEO): Letzten Endes bleibt er immer die Vaterfigur, zu der Bond zurückkehren kann und die er respektiert und verehrt. "Im Feld" hat M im Rahmen der Bond-Stories nichts verloren, auch wenn er früher selbst bei der Marine gewesen sein mag.

Vielleicht hat Amis den Charakter auch nur ein wenig leiden lassen, weil er ihn nicht mochte... heißt es jedenfalls auf Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/Colonel_Sun im Abschnitt "Characters and themes").
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Freitag, 27. März 2020, 14:59

Spannend (auch der Dialogvergleich... wirklich verblüffend) - danke :)

Baron Samedi

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Mittwoch, 1. April 2020, 19:41

Licence Renewed (Roman; A: John Gardner; VÖ: 1981)

Der Bond-Erstling von John Gardner ist ein ordentlicher Thriller, dem allerdings das Abenteuerflair und die Exotik abgehen, die die meisten Werke von Ian Fleming auszeichnen.

Schade fand ich vor allem, dass die vielleicht schönste Idee des Romans - Bond's Teilnahme an den Highland Games, die von Bösewicht Dr. Anton Murik auf dem Gelände seines schottischen Schlosses veranstaltet werden - verheißungsvoll aufgebaut und angekündigt, dann aber recht schnell und unbefriedigend abgehandelt wird. Angesichts Bond's schottischer Wurzeln, seines Hangs zu risikoreichen Spielen und der Virilität, die mit Highland Games assoziiert wird, ist das eigentlich ein sehr bondiges Szenario. Und abgesehen von den albernen Szenen mit den Kanonenkugeln im Film CR '67 wüsste ich nicht, wo das Thema sonst im Bonduniversum schonmal aufgegriffen wurde.

Highlight des Romans sind für mich die Szenen in Perpignan. Wie Bond seine Verfolger im Gewühl des Saint Jean-Festes abzuschütteln versucht, wie er seine Ortskenntnisse von früheren Besuchen der Stadt nutzt, um sich Zugang zum Palais des Rois de Majorque zu verschaffen - das ist Verschmelzung von spannungsgeladener Handlung mit Lokalkolorit und Bond'sche Weltgewandtheit in bester 007-Tradition.
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Baron Samedi

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Sonntag, 5. April 2020, 13:58

For Special Services (Roman; A: John Gardner; VÖ: 1982)

In Gardner's Zweitling arbeitet Bond mit Cedar Leiter, der Tochter seines besten Freundes Felix Leiter zusammen. SPECTRE hat sich wieder aus der Asche erhoben, wie wir bei einem Treffen der Verbrecherorganisation zu Beginn des Buches - nach einer von Bond verhinderten Flugzeugentführung - erfahren. In typischer SPECTRE-Manier wird bei dieser Gelegenheit auch gleich ein verräterisches Mitglied bestraft, diesmal, indem es einer Riesenpython zum Fraß vorgeworfen wird.

Spannend schreibt Gardner in diesem Roman, das muss man ihm lassen. Auch wenn die Geschichte einige Logiglücken und Elemente aufweist, die ein wenig an den Haaren herbeigezogen scheinen - ich habe den Roman mit nur wenigen Pausen zügig durchgelesen, um endlich die Auflösung zu erfahren. Denn im Gegensatz zu Fleming lässt Gardner seinen Leser hier im Unklaren und gerne auch mal raten, was es mit der ganzen Geschichte auf sich hat.

Dafür fehlt Gardner - wie bereits in seinem ersten Bond-Roman Licence Renewed - der märchenhafte Charme der meisten Fleming-Geschichten. Er ist eben mehr ein solider Thriller-Autor und steht mit der Art und Weise, wie er Action erzählt, sowie mit seiner Gadget-Verliebtheit eher in der Tradition der Filme als in der Tradition Flemings. Insofern unterscheidet er sich deutlich vom ersten Bond-Nachfolgeautor Kingsley Amis, der sich in seinem Bond-Roman Colonel Sun durch seinen Protagonisten James Bond hindurch deutlich verächtlich über den neuen Gadget-Wahn äußert. Natürlich fährt Bond bei Gardner auch einen mit allerhand Extras ausgestatteten Wagen, einen Saab 900 Turbo, der hier u.a. bei einem Autorennen - einer der besten Szenen des Buches - gegen einen schurkischen Gegner zum Einsatz kommt.
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Montag, 6. April 2020, 01:14

Sehr schöne Besprechungen, Baron Samedi! Ein Roman-Marathon steht bei mir auch mal wieder auf der Liste.

Von Colonel Sun findet man bei Purvis und Wade tatsächlich auffällig viele Spuren. Auch im Namen 'Colonel Sun' bei DAD.

Gardners Erstling hatte ich vor einiger Zeit auch mal wieder angefangen in der neuen Übersetzung, bin aber dann nicht weitergekommen. Der Eindruck war nach längerer Zeit aber auch recht positiv. Die Beschreibung von Bonds Vorgehensweise sowie des Schurken ist gelungen, und auf jeden Fall überzeugender als bei Christopher Woods Novelisierungen. Leider hat er aber Woods Ansatz übernommen, den literarischen Bond von Fleming in seiner Gegenwart fortzuführen. Das empfand ich immer als große Achillesferse der Romane. Ein Bond, der 1954 als Mittdreißiger gegen Le Chiffre antrat und 1981 noch im aktiven Dienst ist, ist letztlich ein bisschen lächerlich. Was in den Filmen mit einem Augenzwinkern funktioniert, macht im literarischen Sektor wenig Sinn. Noch schlimmer war das dann bei Benson.

Zitat

Spannend schreibt Gardner in diesem Roman, das muss man ihm lassen. Auch wenn die Geschichte einige Logiglücken und Elemente aufweist, die ein wenig an den Haaren herbeigezogen scheinen - ich habe den Roman mit nur wenigen Pausen zügig durchgelesen, um endlich die Auflösung zu erfahren. Denn im Gegensatz zu Fleming lässt Gardner seinen Leser hier im Unklaren und gerne auch mal raten, was es mit der ganzen Geschichte auf sich hat.


Das fand ich auch teilweise recht gelungen. Vor allem im dritten Buch hat das Gardner sehr reizvoll umgesetzt. Insgesamt war er mehr von den Filmen beeinflusst, das sehe ich auch so. Viele seiner Ideen waren richtig gut, und tauchten ja dann 'zufällig' auch in den Filmen auf. In späteren Jahren hätte ich mir aber weniger Quantität und mehr Qualität von ihm gewünscht.

Django

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Montag, 6. April 2020, 07:58

Ich weiss nicht so recht und vielleicht bin ich da etwas "überempfindlich". Aber irgendwie habe ich oft Mühe damit, wenn etwas, das ganz eindeutig von einer Person geprägt und erfunden wurde, nach deren Tod oder was auch immer von einer anderen Person fortgeführt wird :S . Ich kann mich mit solchen Sachen nicht so recht anfreunden. Und für sind die Bond-Romane nun einmal ganz stark mit Ian Fleming verbunden. James Bond kann ja teilweise als Alter Ego von Fleming betrachtet werden und ist, wie auch deren Abenteuer ganz stark von Flemings eigenen Erlebnissen geprägt. Ich behaupte ja nicht, dass andere Autoren nicht auch gute und spannende Agentenromane schreiben können, aber gerade bei der Fortführung der Bond-Romane ergibt sich ein Dilemma, das für mich nicht befriedigend zu lösen ist: Entweder, der "neue" Autor versucht, den flemingschen Stil 1:1 zu kopieren. Das wirkt irgendwie lächerlich. Oder aber, er entwickelt seinen eigenen Stil und bringt neue Ideen und Storys rein. Dann ist es aber einfach nicht mehr wirklich "Bond". Was Anderes ist es natürlich, wenn eine Figur von Anfang an bewusst "freigegeben" wird, wie es zum Beispiel oft bei Comics vorkommt. Und mal ehrlich: Der literarische Bond ist doch mit dem erfolgreichen Übertritt von Bond auf die Leinwand ab 1962 obsolet geworden

Zitat

Die Beschreibung von Bonds Vorgehensweise sowie des Schurken ist gelungen, und auf jeden Fall überzeugender als bei Christopher Woods Novelisierungen.

Paradoxerweise würde es mich reizen, mal einen solchen Roman zu lesen. Damit hätte ich jetzt weniger Probleme, da hier gar nicht erst versucht wird, den literarischen Bond weiterzuführen :)